Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Teil IV. 
Die organische Welt im Kartenbild. 
(Der üatur- und kulturhistorischen Karte oder der physischen Karte II.Teil.) 
A. Die biogeographisch bedingten Karten. 
I. Die pflanzengeographische Karte. 
146. Allgemeine Grundzüge biologischer Karten. Die Karte der anorgani 
schen Welt ist die Voraussetzung zur Karte der organischen Welt. Jene ist für sich 
als Ganzes verständlich, diese weniger oder gar nicht. Selbst wenn letztere auch 
selbständig auftritt und für sich allein verständlich ist, lauert doch im Hintergrund 
die „anorganische Karte“ — wie ich sie der Kürze halber einmal nennen will —, 
sei es in topographischer oder in pedologischer oder in klimatischer Hinsicht usf. 
Äußerlich kann sich die „organische Karte“ von der anorganischen emanzipieren, 
nicht aber innerlich, wo tausende, vielfach unsichtbare Fäden jene mit dieser ver 
knüpfen. 
Die Karten der organischen Welt umfassen Pflanzen, Tiere. und Menschen. 
In ältern Kartenwerken hat man selten an die Trennung dieser drei gedacht. 1 
Neuerdings ist man gewöhnt, die Karten der Pflanzen- und Tierwelt als „biogeographisch“ 
zu bezeichnen, die Karten der Menschenwelt dagegen als „anthropogeographisch“, 
obwohl auch der Mensch zur Biogeographie gehört, sofern wir darunter einen Wissen 
schaftszweig mit dem Zwecke verstehen, die Verbreitung der Lebewesen nach ge 
meinsamen Gesichtspunkten darzustellen. Der Mensch ist ein integrierender Be 
standteil der Biogeographie, wie überhaupt der Biosphäre, unter der wir den Wohn- 
und Spielraum sämtlicher irdischer Lebewesen verstehen. Die Biosphäre ist weniger 
ein Gegensatz als vielmehr eine Ergänzung zur Litho-, Hydro- und Atmosphäre; 
durchdringt sie doch in verschiedener Intensität und Quantität sämtliche drei 
Sphären. Dies bis in die feinsten Adern und Verästelungen zu erkennen und nach 
zuweisen gelingt nicht immer. Nur zu oft ist selbst das bewaffnete Auge zur Ohn 
macht verdammt, wenn es die letzten Winkel des Lebensraumes durchforschen will. 
Sind schon unzählige biogeographische Phänomene nicht geklärt, wieviel weniger 
kann sich die Karte ihrer ermächtigen. Bis jetzt ist sie noch nicht einmal damit 
fertig geworden, all die Erscheinungen, die sich dem unbewaffneten Auge offenbaren, 
kartographisch zu bannen. Alles steckt noch in den „ersten“, ich will nicht gerade 
sagen „kümmerlichen“ Anfängen. Wohl ist mancherlei geschehen, aber im Hinblick 
auf das Große und Ganze des Naturgeschehens ist es ein „Nichts“. Darum blicken wir 
1 So z. B. in dem Atlas classique de géographie physique et politique ancienne et moderne, 
pressé par C. Callewaert, revu par L. Piré. Brüssel 1876. 
Eckert, Kartenwissenschaft. II. 
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