Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Wesen und Funktionen der Kartenlogik. 
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wissenschaftlich das System der Böschungsplastik auch zu sein scheint, baut es sich 
doch zuletzt auf einfachen physikalischen, kurzum naturwahren Gesetzen auf. Zu 
gleich bietet es einen ästhetischen Genuß und erreicht infolgedessen einen hohen 
Grad der Vollkommenheit. Das Schöne in der Natur ist immer das Naturwahre. 
B. Logik der Karte. 
I. Wesen und Funktionen der Kartenlogik. 
207. Kartenkritik lind Kartenlogik. Eng verwandt mit der Ästhetik der Karte 
ist die Kartenlogik. Beide sind die Vorbedingung einer guten Kartenkritik. Viel 
fach sind beide so eng miteinander verknüpft, daß es schwer hält, die Materie dieser 
oder jener bestimmt zuzuweisen. Auf alle Fälle sind Ästhetik und Logik wichtige 
Bestandteile einer Philosophie der Karte. E. Hammer unterscheidet von der 
ästhetischen oder physikalischen Kritik, weil sie es in der Hauptsache mit der Kritik 
der Plastik zu tun hat, die geometrische oder arithmetrische Kritik. 1 Erstere ist für 
Karten kleinern Maßstabes, letztere für Karten großen Maßstabes anzuwenden. 
Indessen umspannt diese Einteilung schwerlich alle Seiten einer Kartenkritik. Die 
ästhetische Kritik umfaßt, wie im vorhergehenden Kapitel nachgewiesen wurde, 
nicht allein die Kritik der Plastik sondern auch die der Farbengebung und der Har 
monisierung der einzelnen Kartenelemente. Sie kann sich darum gleichfalls auf Karten 
großen Maßstabes beziehen. Die geometrische oder arithmetische Kritik 
wird sich unter Umständen auch einmal mit Karten kleinern Maßstabs befassen; 
es sei nur an die verschiedenen Isarithmenkarten erinnert. Außerdem wird mit der 
Hammerschen Zweiteilung der kritischen Tätigkeit, wie sie wesentlich unter die 
Logik der Karte fällt, zu wenig Rechnung getragen. Wenn man im allgemeinen 
unter Funktion die gesetzmäßige Abhängigkeit zweier Dinge voneinander versteht, 
sehen wir in einer vollkommenen Kartenkritik sich drei Funktionen betätigen, die 
ästhetische, logische und mathematische Wirksamkeit. Die erstere kennen 
wir, die beiden andern können wir unter dem Oberbegriff der Logik zusammenfassen, 
in der Voraussetzung, daß nicht alle logischen Schlußfolgerungen mathematisch, wohl 
aber alle mathematischen Schlüsse logisch sind. 
Die Logik der Karte ist eins der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste 
Kapitel der wissenschaftlichen Kartographie. Die Logik der Karte ist die Wissen 
schaft von den Gesetzen des kartographischen Schaffens und Erkennens. Für uns 
hier kommt mehr das kartographische Erkennen in Frage, das vorzugsweise das 
Denken umfaßt, und zwar das schöpferische Nachdenken der den kartographischen 
Zeichen und Erzeugnissen zugrunde liegenden Ideen. Es ist zuletzt das Einfühlen 
und Eindenken in die gesamte kartographische Materie. Das Endresultat dieses 
Nachdenkens wird immer eine Vergleichung, ein Werturteil, das teils negativer teils 
positiver Natur ist, sein. Zugleich wird es aber auch zu Resultaten führen, denen 
eine gewisse Gesetzesgewalt innewohnt und die infolgedessen der kartographischen 
Produktion als Leitsterne dienen können und sollen. Gradnetz, Maßstab, Kolorierung, 
Kartenzeichen, Arrangement, kurzum der gesamte Karteninhalt wird vor das Forum 
1 E. Hammer in P. M. 1905, LB„ S. 23, 30. G. J. XXIV, 1901/02, S. 45. - Vgl. ferner 
M. Eckert: Die Kartenwissenschaft, I, S. 15ff.
	        
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