Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Topographie des Planetensystems der Sonne. 
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Man sieht, dass diese Schwankungen nicht eigentlich der 
Mondkugel seihst zuzuschreiben sind, und dass sie sogar für 
unsern Anblick wegfallen würden, wenn die Ungleichheiten des 
Umlaufs zugleich der Umdrehung angehörten. Man kann 
indess die Frage aufwerfen, ob in der Umdrehung selbst nicht 
kleine, bisher nur noch nicht bemerkte, Ungleichheiten statt- 
finden, ob es also nicht ausser der oben betrachteten und als 
optisch zu bezeichnenden Lihration noch eine eigenthümliche 
physische gehe? Laplace, und noch erschöpfender Poisson, 
haben diesen Gegenstand theoretisch, Nicollet, Bouvard und 
Arago praktisch auf dem Wege der Beobachtung untersucht; 
doch ist er noch nicht zur letzten Entscheidung geführt: er 
verdient es im vollen Maasse, dass man das Aeusserste daran 
setze, ihn zu erforschen, denn — so wenig dies auf den ersten 
Anblick scheinen möchte — er ist von der höchsten Wichtig 
keit für eine künftige Geschichte der Entstehung des 
Sonnensystems. 
§. 100. 
Die absolut genaue Uebereinstimmung der mittleren Bota 
ti ons- und mittleren Umlaufszeit des Mondes — die sogar, wie 
Laplace gezeigt hat, für alle Zeiten stattfindet, so dass das 
Menschengeschlecht nie die andere Seite des Mondes gesehen 
hat, noch jemals sehen wird— ist nämlich nach aller Wahr 
scheinlichkeit nicht zufällig. Als Erde und Mond sich aus 
dem formlosen Chaos zu bilden anfingen, fügten sich die ein 
zelnen Weltatome nicht völlig concentriseli um den anfänglichen 
Mittelpunkt des Mondes, sondern nach der Seite der Erde zu 
in etwas stärkerem Maasse als nach der entgegengesetzten. 
Diese Seite ward mithin die schwerere, und wie gering auch 
das Uebergewicht immerhin sein mochte, es veranlasste eine 
Neigung dieser Seite, sich beständig der Erde zuzuwenden. 
Es fragt sich nun, ob die Dotation des Mondes gleich Anfangs 
so beschaffen gewesen, wie wir sie jetzt finden, oder oh ihre 
Periode eine von der Umlaufsperiode verschiedene — nur nicht 
zu stark verschiedene — war, die aber nach und nach durch 
jene überwiegende Neigung der schwereren Mondhälfte zur 
Erde auf die jetzige zurückgeh rächt worden? In letzterm 
Falle hätten Anfangs grosse Schwankungen stattgefunden, die 
aber allmählig — ähnlich wie die eines in starke Bewegung 
gesetzten Pendels — sich bis zum unmerklichen verminderten. 
Da sie indess nicht ganz vernichtet werden können, vielmehr 
ihre gegenwärtige Grösse, wenn sie anders existiren, von der 
anfänglichen abhängt und auf sie zurückschliessen lässt, so ist
	        
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