Die Kometen.
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blosse Lufterscheinungen in ihnen vermuthete; gewiss ist es,
dass sich hei den früheren Philosophen ungemein viel Verwir
rung der Ansichten findet und dass man es in dieser Bezie
hung einem Sokrates nicht mehr verargen kann, wenn er die
ganze Astronomie als hoffnungslos aufgab. Hatte sie doch bis
dahin weit mehr dem Aberglauben als der Wissenschaft gedient,
und vermochte man doch noch keinesweges, auch nur über die
alltäglichsten Erscheinungen, wie Mondesphasen und Finster
nisse, sich eine genügende Bechenschaft zu geben. Als man
indess sich nach und nach richtigere Vorstellungen über Gestalt
und Grösse der Erde gebildet hatte, musste man bald zu der
Ueberzeugung gelangen, dass die Kometen wenigstens in Bezug
auf ihre Entfernung von den blossen Lufterscheinungen
verschieden sein müssten. Die treffliche Alexandrinische Schule
hatte bereits angefangen, sie mit anderen Augen, als denen des
dumpfen Aberglaubens, zu betrachten, und wie treffende Blicke
einzelne Philosophen in die Zukunft des Wissens richteten,
mag folgende merkwürdige Stelle Seneca's lehren:
„Wundern wir uns nicht, dass wir die Gesetze des Laufs
der Kometen, deren Erscheinung so selten ist, noch nicht
erforscht haben. Wir erblicken weder den Anfang noch
das Ende dieser Bahnen, in denen sie aus unermesslichen
Fernen zu uns herniedersteigen. Kaum sind es 1500 Jahre,
dass Griechenland die Gestirne gezählt und ihnen Kamen
gegeben hat. Einst wird der Tag anbrechen, wo man
nach Jahrhunderten des Forschens klar erkennen wird,
was uns jetzt verborgen bleibt.“
Er ist angebrochen der Tag, den der prophetische Geist
des grossen Börners verkündigte, aber den Jahrhunderten des
Forschens, die ihn endlich herbeiführten, ging über ein
Jahrtausend der trostlosesten geistigen Kacht voran; eine Zeit,
deren bejammernswerthen Wirkungen wir uns selbst heut noch
nicht ganz zu entwinden vermochten, ja die noch Manche —
möchte man ihnen allen doch Luc. 23,34 zurufen können! —
zurückzuwünschen sich nicht entblöden. Gehen wir über sie
hin und übergeben wir ihre elenden Hirngespinste der ver
dienten Vergessenheit. Schmach genug für die stolzen Abend
länder, die Erben der geistigen Schätze des klassischen Alter
thums, dass die wenigen dürftigen Daten, die aus jener Zeit
überhaupt zu Gebote stehen, von Chinesen und A r a b e r n
erborgt werden müssen!
§. 169.
Die Wiedererwecker der Astronomie des Abendlandes,