Die Doppelsterne.
529
%. 251.
Es ist vielleicht nicht ohne Interesse, die Grenze zu
bestimmen, innerhalb deren es dem blossen Auge nicht mehr
möglich ist, nahestehende Objekte des Himmels von einander
zu trennen. Viel hängt dabei vom verhältnissmässigen Glanze
der Sterne ab. Ist einer von beiden ausgezeichnet hell, so
wird man den schwächeren schwerer erkennen, als wenn beide
nahe von gleicher (am besten nicht über Ster und nicht unter
5ter) Grösse sind. Die Jupitersmonde z. B. wären hell genug,
um mit freiem Auge gesehen zu werden, wenn der stark
glänzende Hauptplanet nicht neben ihnen stände; so aber, ob
gleich der dritte Mond eine scheinbare Entfernung von 6,
und der 4te von 10 Minuten vom Jupiter erreichen kann, sind
dennoch diese Begleiter den Alten völlig unbekannt geblieben.
Noch jetzt gelingt es nur den aussergewöhnlich weitsichtigen
Augen, und selbst diesen wohl nur vermöge der anderweitig
erlangten Kenntniss, zuweilen einen Jupitersmond zu unter
scheiden. Dagegen ist der Stern 5ter Grösse, der neben £
des grossen Bären (Mizar) steht und 11 Minuten in Bogen
von ihm entfernt ist, von den Arabern gesehen und benannt
worden, ehe es Ferngläser gab, was in unseren Klimaten
nicht so leicht gelingt*). Die beiden mit a Capricorni be
zeichnten Sterne haben Minuten gegenseitige Entfernung,
werden aber doch nur von guten Augen getrennt gesehen.
Dagegen erkennt selbst das schärfste Auge in e und 5 Lyrae,
die 3' 27" auseinander stehen, nicht zwei getrennte, sondern
höchstens einen ovalen Stern, und eben so wenig sieht man
den Nebenstern von a Librae (3' 51" Distanz) mit freiem
Auge gesondert. — Die Grösse von 5 Minuten ist der 55ste
Theil der Entfernung des Castor von Pollux, und wer dem
nach Sterne bis zu dieser Grenze noch unterscheiden will,
muss im Stande sein, in einer vom Castor zum Pollux ge
zogenen Beihe von 56 Punkten die einzelnen gesondert zu
erblicken.
Für ein scharf begrenzendes Fernrohr würde also die
*) Obgleich £ Ursae maj. in Mitteleuropa höher steht, als in den
Aequatorgegenden Amerika’s, so versichert dennoch v. Humboldt, dass
es ihm dort möglich gewesen, den Nebelstern mit blossen Augen zu sehen,
nicht aber in Europa. — In Kazwini’s arabischer Beschreibung des (jetzt
in Dresden befindlichen) Kufischen Himmelsglobus wird dieser Neben
stern Suha genannt und dabei erwähnt, dass nach ihm die Menschen
ihr Gesicht prüfen, d. h. ob sie im Stande sind, ihn zu sehen.
•Mädler, Popul. Astronomie. 34