Geschichtlicher Ueherhlick.
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ruug, dass die Alten auf dem langsamen Wege der blossen
Erfahrung so viel leisten konnten, aber bei alle dem bleibt
ihre ganze Himmelsforschung eine rein empirische.
Im zweiten Jahrhundert v. Ohr. begegnen wir dem grössten
Astronomen des gesummten Alterthums, Hipparch von Nicaea.
Zwar ist von seinen Werken nur der oben schon erwähnte
Commentar der Vernichtung entgangen, aber durch andere Schrift
steller, namentlich Ftolemäus, besitzen wir Nachrichten über ihn.
In allen Zweigen der damals cultivirten Astronomie führte er
Verbesserungen ein; statt der Auf- und üntergangsbeobachtungen
wählte er die Meridiandurchgänge; die Solstitien, durch die
man die Länge des Jahres bestimmen wollte, vertauschte er
mit den ohne Vergleich genaueren Aequinoctien; er ersann eine
Methode, Parallaxen an demselben Orte zu ermitteln, er brachte
den Lauf der Sonne in Tafeln, die neben dem mittleren Laufe
die Ungleichheiten gesondert aufführen und deren zweckmässige
Einrichtung zum Muster noch heute dient; er beobachtete über
1000 Sterne und gab ihre Oerter möglichst genau an „damit
die Nachwelt entscheiden könne, ob Sterne verschwinden oder
neu erscheinen“; bestimmte ihre Grössenklassen (durch die 6
ersten griechischen Buchstaben). Jede von ihm wie von Anderen
gemachte Wahrnehmung* hat er scharfsinnig benutzt; so z. B.
die Bemerkung, dass Sonnenfinsternisse nicht an allen Orten
gleich gross erscheinen, woraus er den Schluss zog, die Parallaxe
des Mondes müsse eine messbare Grösse sein. Eine andere
sinnreiche Methode, durch die Grösse des Erdschattens bei
Mondfinsternissen die Sonnenparallaxe abzuleiten, musste unge
achtet ihrer theoretischen Nichtigkeit in der Ausführung miss
lingen, da der Erdschatten zu schlecht begrenzt ist, um zur
Auffindung so kleiner Grössen dienen zu können. Die Pla
netenbeobachtungen benutzte er um die Perioden ihrer Pück-
läufigkeit wie ihre Stillstände schärfer zu bestimmen; die von
Eratosthenes gegebene Schiefe der Ekliptik prüfte er aufs Neue.
Von anderen Beobachtungen ist es zweifelhaft, ob sie von
ihm selbst oder Anderen herrühren; so wie es auch nicht
feststeht, ob alle seine Beobachtungen derselben Lokalität an
gehören.
Ein System der kosmischen Bewegungen hat er nicht
aufgestellt. Ein so besonnener und umsichtiger Forscher musste
bald gewahren, dass es dazu noch nicht Zeit sei, dass die That-
sachen, die er Früheren entlehnen konnte, zu ungenau seien,
und seine eigenen einen zu kurzen Zeitraum umfassten, um
Fragen von solcher Wichtigkeit jetzt schon zu entscheiden.
Den Beobachtungen der alten Egypter hat er, so viel wir
wissen, nichts entlehnt, und bei seinen Untersuchungen über