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Unendlich große Entfernungen.
legung jener Lehre, von der sich überdies gar nicht ein-
sehen ließe, warum wir, sofern sie richtig wäre, diese Be
hauptung der gleichen Punktenmenge nur eben auf Kreisbögen
und auf konzentrisch liegende und ähnliche beschränken
müßten, da sich der gleiche Grund auch für alle gerade
Linien und für die verschiedenartigsten, nichts weniger als
einander ähnlichen Kurven anführen ließe.
§ 43-
Kaum gegen eine in die Raumlehre gehörige Wahrheit
dürften sich die Lehrer dieser Wissenschaft öfter versündigt
haben, als gegen die, daß jede zwischen zwei Punkten
im Raume liegende Entfernung, somit auch jede
auf beiden Seiten begrenzte Gerade nur eine end
liche sei, d. h. mit jeder anderen in einem durch bloße
Begriffe genau bestimmbaren Verhältnisse stehe. Denn es
wird kaum einen Geometer geben, der nicht zuweilen von
unendlich großen Entfernungen gesprochen und eine
Gerade, die doch nach beiden Seiten hin ihre Grenzpunkte
haben sollte, unter gewissen Umständen nicht hätte un
endlich groß werden lassen. Als Beispiel genüge uns
hier die Hinweisung auf jenes bekannte Linienpaar, welches
die, im geometrischen Sinne des Wortes zu verstehende,
Tangente und Sekante eines Winkels oder Bogens genannt
wird. Diese sollen nach der ausdrücklichen Erklärung ein
Paar gerade Linien sein, welche nach beiden Seiten hin
begrenzt sind: und doch wie wenige gibt es, die ein Be
denken tragen zu lehren, daß für den rechten Winkel Tan
gente sowohl als Sekante unendlich groß würden. Den
noch wird man für diese irrige Lehre gleich auf der Stelle
bestraft durch die Verlegenheit, in die man hierbei gerät,
sobald man an geben soll, ob diese zwei unendlich großen
Größen als positiv oder als negativ anzusehen seien?
Denn offenbar spricht derselbe Grund, der für das eine
angeführt werden könnte, auch für das andere; weil ja be
kanntlich eine durch den Mittelpunkt des Kreises gleich-