Full text: Fiktionen in der Mathematik

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ZWEITER 
TEIL 
Fiktionen in der Mathematik. 
I. 
Die „Mathematischen Fiktionen“ in der „Philosophie 
des Als-Ob“. 
H. Yaihinger sieht in der Mathematik ein Hauptanwen 
dungsgebiet der Fiktionen; dies geht nicht nur aus vielen 
Stellen seines Werkes hervor, sondern wird auch von den 
meisten Autoren betont, die sich später zu dem Problem der 
Fiktionen geäußert haben. Da diese meist mit geringen Varia 
tionen, zum Teil wörtlich sich die Argumentationen Vaihin- 
gers zu eigen machten, haben wir uns in diesem Abschnitt in 
der Hauptsache mit seiner Auffassung auseinanderzusetzen. 
Im ersten Kapitel beschränken wir uns darauf, darzulegen, 
welche Gebilde der Mathematik von H. Yaihinger als fiktiv 
bezeichnet werden, und welche Gründe er für seine Stellung 
nahme anführt. In den folgenden Kapiteln soll dann unter 
sucht werden, ob sich die Vaihingersche Auffassung halten 
läßt. 
Eine erste Gruppe mathematischer Fiktionen bilden nach 
H, Yaihinger die Grundbegriffe der Geometrie und der Arith 
metik: Punkt, Linie, Fläche, Raum und der Zahlbegriff. 
Welche Merkmale führt nun Yaihinger für die Fiktivität 
dieser Begriffe an? Bei den geometrischen Grundbegriffen 
müssen wir verschiedene Gedankengänge voneinander trennen. 
Betrachten wir zunächst das Verhältnis zur Wirklichkeit, 
dann erhebt sich die Frage, wie soll „Wirklichkeit“ hier gefaßt 
werden? So unklar im ganzen der Vaihingersche Wirklich 
keitsbegriff ist, so unzweideutig steht bezüglich der geometri 
schen Grundbegriffe fest, wie Yaihinger ihn hier gefaßt haben 
will. So sagt er vom absoluten Raum: „Da er jedenfalls kein 
Objekt der Erfahrung ist, so kann es sich nur darum
	        
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