Full text: Fiktionen in der Mathematik

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Y. 
Die Erweiterungen des Zahlbegriffs. 
A. Die rationalen Zahlen. 
Bei der Besprechung der negativen und der gebrochenen 
Zahlen knüpfen wir am einfachsten an die Ausführungen 
P. Natorps an. Seine Grundreihe ist so eingeführt, daß sie 
bereits die 0 und die negativen Zahlen umfaßt, so daß hier 
keine Erweiterung des Zahlbegriffs vorliegt. Aber auch die 
gebrochenen Zahlen sollen nicht zu den Zahlerweiterungen 
gerechnet werden. P. Natorp faßt seine Ansicht dahin zu 
sammen, daß „die negative wie die gebrochene Zahl nicht eine 
künstliche Erweiterung der ursprünglichen als der natür 
lichen“ Zahlreihe darstelle, sondern nur den methodischen 
Gehalt, der in der Zahl von Anfang an lag, zur Entfaltung 
bringe. 
Die wesentliche Grundlage für ihre Einführung sei die 
Relativität der Zählung hinsichtlich des Ausgangs 
punktes, der Null, wie hinsichtlich der Einheit, mit der ge 
zählt wird. Natorp sagt: „Die absolute Zahl ist provisorisch, 
die relative endgültig“ 411 ). Der Bruch ist keine benannte und 
keine unbenannte Zahl, sondern eine relative Zahl. 
Natorp beanstandet, daß Stolz den Bruch zunächst ganz 
formalistisch, als „Zeichen auf dem Papier“ einführt und erst 
hinterher durch Auffassung des Nenners als Untereinheit be 
gründet, wobei diese auf der Voraussetzung ruhen soll, daß in 
der Schar unter sich gleicher Dinge ein jedes sich in eine 
beliebige Anzahl gleicher Teile zerlegen lasse. SchonHankel 
habe sich gegen diese Auffassung gewandt, sei aber aus dem 
Bedürfnis der Rechnung heraus wieder zur rein formalisti 
schen Begründung übergegangen. Er spreche von Zahlen als 
besonderen rein „mentalen“ Objekten, die mit Dingen, also 
auch mit dem Zählen, nichts zu tun hätten. Für Natorp sind
	        
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