Satz.
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Saugheber.
dass in der eigenlich reinen Grössen
oder Zahlenlehre gar keine Grundsätze
Vorkommen, Denn selbst Sätze, wie die
von der Gleichheit: „Jede Grösse ist sich
selbst gleich“ — „Wenn zwei Grössen
einzeln einer dritten gleich sind, so sind
sie unter einander gleich“ scheinen uns
keine Grundsätze zu sein, sondern aus
der Definition der Gleichheit sich zu er
geben, welche so gefasst werden muss:
„Zwei Grössen a und b nennen wir
gleich, wenn jede statt der anderen ge
setzt werden kann.“ Diese Erklärung
reicht in der reinen Grössenlehre immer
aus. — Wird aber die Grössenlehre auf
irgend ein Gebiet von Erscheinungen,
also z. B. auf Rauragrössen angewandt,
so wird in dem Gebiete des Raumes
eine Reihe von thatsächlich Vorhandenem
mit aufgenommen, dessen Dasein eben
nicht a priori zu erweisen, sondern als
bestehend anzunehmen ist. Wenigstens
hat die Mathematik keine Mittel für
solchen Nachweis. So sind z. B. die
drei Ausdehnungen des Raumes, die der
artige Beschaffenheit desselben, dass sich
Fig.
zwischen zwei Punkten nur eine grade
Linie ziehen lässt, dergleichen thatsäch
lich bestehende Wahrheiten, also Grund
sätze, für deren Beweis die Mathematik
keine Mittel besitzt. Ganz Aehnliches
findet in der Mechanik statt und sind
dergleichen Sätze z. B. der von der Gleich
heit der Wirkung und Gegenwirkung, der
gradlinigen Wirkung der Kräfte u. s. w.
Saugheber (Hydrodynamik).
Saugheber ist eine gebogene Röhre,
welche, wenn die Luft in ihr verdünnt
ist, dazu dient, das Wasser über eine
Erhöhung zu befördern. In physika
lischen und chemischen Laboratorien hat
man bekanntlich kleine Saugheber von
Glas oder Metall, auch zum Ueherfüllen
der Flüssigkeiten von einem Fass in das
andere, dienen ähnliche Vorrichtungen.
Der Heber findet aber auch im Grossen
Anwendung z. B, zum Ahleiten des
Wassers aus Sümpfen und Tiefen. Er
besteht dann aus drei gusseisernen Röh
ren, dem steigenden Schenkel AB (Fig.
348), dem (horizontalen) Mittelstücke BC
348.
und dem fallenden Schenkel CD. An
der Einmündung A befindet sich der Re
gulirungsschieber S, bei der Ausmün
dung D ist eine Abzugsrinne EF mit
einem Klappenventil E, Auf ein Mittel
stück BC ist ein mit einem Stöpsel luft
dicht zu verschliessendes Mundstück K
angebracht. Man schliesst zunächst den
Schieber S und das Ventil E, und führt
durch K Wasser ein, bis der Heber
gefüllt ist. Dann wird K verschlossen,
S und E geöffnet, das Wasser des Tei
ches folgt dann dem fallenden Strome
nach und gelangt in E zum Ausflusse.
Es wird aber dieser Ausfluss nur so
lange dauern, als der Spiegel II im
Speisereservoir über der Ausmündung E
sich befindet. Dies sieht sich leicht ein,
wenn man bedenkt, dass die Geschwin
digkeit des Wassers in E gleich /u Y2gh
ist, wo p den Ausflusscoefficienten, h die
Druckhöhe angibt; steht also H in glei
cher Höhe mit E, so ist h = 0, also
auch die Geschwindigkeit gleich 0.
Auch darf die Höhe KO = h v des
Mittelstücks über dem Wasserspiegel H
nicht die dem Atmosphärendrucke ent
sprechende Wasserhöhe von 33 Fuss ge
ben, weil sonst das Wasser nur bis zu
dieser Höhe emporsteigen würde. Jeden
falls ist der Druck des Wassers im Mittel
stück kleiner als der Atmosphärendruck.
Es wird sich also die im Wasser ent
haltene Luft doch nach und nach der-
maassen ansammeln, dass der Ausfluss
aufhört. Diese wird dann von Zeit zu
Zeit durch Schliessen der Mündungen
und Nachfüllen mit Wasser entfernt.