Full text: R - S (6. Band)

Satz. 
388 
Saugheber. 
dass in der eigenlich reinen Grössen 
oder Zahlenlehre gar keine Grundsätze 
Vorkommen, Denn selbst Sätze, wie die 
von der Gleichheit: „Jede Grösse ist sich 
selbst gleich“ — „Wenn zwei Grössen 
einzeln einer dritten gleich sind, so sind 
sie unter einander gleich“ scheinen uns 
keine Grundsätze zu sein, sondern aus 
der Definition der Gleichheit sich zu er 
geben, welche so gefasst werden muss: 
„Zwei Grössen a und b nennen wir 
gleich, wenn jede statt der anderen ge 
setzt werden kann.“ Diese Erklärung 
reicht in der reinen Grössenlehre immer 
aus. — Wird aber die Grössenlehre auf 
irgend ein Gebiet von Erscheinungen, 
also z. B. auf Rauragrössen angewandt, 
so wird in dem Gebiete des Raumes 
eine Reihe von thatsächlich Vorhandenem 
mit aufgenommen, dessen Dasein eben 
nicht a priori zu erweisen, sondern als 
bestehend anzunehmen ist. Wenigstens 
hat die Mathematik keine Mittel für 
solchen Nachweis. So sind z. B. die 
drei Ausdehnungen des Raumes, die der 
artige Beschaffenheit desselben, dass sich 
Fig. 
zwischen zwei Punkten nur eine grade 
Linie ziehen lässt, dergleichen thatsäch 
lich bestehende Wahrheiten, also Grund 
sätze, für deren Beweis die Mathematik 
keine Mittel besitzt. Ganz Aehnliches 
findet in der Mechanik statt und sind 
dergleichen Sätze z. B. der von der Gleich 
heit der Wirkung und Gegenwirkung, der 
gradlinigen Wirkung der Kräfte u. s. w. 
Saugheber (Hydrodynamik). 
Saugheber ist eine gebogene Röhre, 
welche, wenn die Luft in ihr verdünnt 
ist, dazu dient, das Wasser über eine 
Erhöhung zu befördern. In physika 
lischen und chemischen Laboratorien hat 
man bekanntlich kleine Saugheber von 
Glas oder Metall, auch zum Ueherfüllen 
der Flüssigkeiten von einem Fass in das 
andere, dienen ähnliche Vorrichtungen. 
Der Heber findet aber auch im Grossen 
Anwendung z. B, zum Ahleiten des 
Wassers aus Sümpfen und Tiefen. Er 
besteht dann aus drei gusseisernen Röh 
ren, dem steigenden Schenkel AB (Fig. 
348), dem (horizontalen) Mittelstücke BC 
348. 
und dem fallenden Schenkel CD. An 
der Einmündung A befindet sich der Re 
gulirungsschieber S, bei der Ausmün 
dung D ist eine Abzugsrinne EF mit 
einem Klappenventil E, Auf ein Mittel 
stück BC ist ein mit einem Stöpsel luft 
dicht zu verschliessendes Mundstück K 
angebracht. Man schliesst zunächst den 
Schieber S und das Ventil E, und führt 
durch K Wasser ein, bis der Heber 
gefüllt ist. Dann wird K verschlossen, 
S und E geöffnet, das Wasser des Tei 
ches folgt dann dem fallenden Strome 
nach und gelangt in E zum Ausflusse. 
Es wird aber dieser Ausfluss nur so 
lange dauern, als der Spiegel II im 
Speisereservoir über der Ausmündung E 
sich befindet. Dies sieht sich leicht ein, 
wenn man bedenkt, dass die Geschwin 
digkeit des Wassers in E gleich /u Y2gh 
ist, wo p den Ausflusscoefficienten, h die 
Druckhöhe angibt; steht also H in glei 
cher Höhe mit E, so ist h = 0, also 
auch die Geschwindigkeit gleich 0. 
Auch darf die Höhe KO = h v des 
Mittelstücks über dem Wasserspiegel H 
nicht die dem Atmosphärendrucke ent 
sprechende Wasserhöhe von 33 Fuss ge 
ben, weil sonst das Wasser nur bis zu 
dieser Höhe emporsteigen würde. Jeden 
falls ist der Druck des Wassers im Mittel 
stück kleiner als der Atmosphärendruck. 
Es wird sich also die im Wasser ent 
haltene Luft doch nach und nach der- 
maassen ansammeln, dass der Ausfluss 
aufhört. Diese wird dann von Zeit zu 
Zeit durch Schliessen der Mündungen 
und Nachfüllen mit Wasser entfernt.
	        
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