89
Problem der Rektifikation
i
Der Sehnenzug hat also die Länge
ypQ-j'oj-«) ]/iT r®-
Es wird dem Leser sehr plausibel erscheinen, wenn wir sagen, daß
diese Summe bei unendlicher Verfeinerung der Einteilung, d. h. bei
unendlicher Verkleinerung aller Teilintervalle (wobei deren Anzahl
ins Unendliche zunimmt), die Länge S des Bogens ^4-6
zum Grenzwert hat. Wenn die Seiten des einbeschrie-
denen Sehnenzuges sehr klein sind, so ist er tatsächlich
kaum von derKurvezuunterscheiden.
Die modernen Mathematiker stellen
sich aber auf einen anderen Stand
punkt. Sie betrachten den Begriff
der Bogenlänge nicht als etwas Ge
gebenes, sondern sie definieren
ihn, und zwar gerade als Grenzwert
von XPQ bei unendlicher Verfei- a
nerung derJntervallteilung. Natür
lich müssen sie dann die Existenz dieses Grenzwertes beweisen, was
unter der Voraussetzung eines stetigen f'(x), wie wir sie am Anfang
gemacht haben, nicht schwer ist. Ähnlich wird der Begriff des Flächen
inhalts aufgefaßt. Die näheren Ausführungen hierüber findet man
in meinem Buche „Grundznge der Differential- und Integralrechnung"
(Leipzig 1909, B. G. Teubner).
Aus der Formel für 2JPQ läßt sich eine wichtige Aussage über
die Bogenlänge S herleiten. Wenn wir mit m den kleinsten, mit M
den größten Wert der Funktion Yl -\-f r \x) bezeichnen (vgl. S. 53),
die im Intervall (a, h) gleichzeitig mit f\x) stetig ist, so ist XPQ
offenbar zwischen mZ(ß — a) = m(h — a) und MZ(ß— a) = M[h — a)
enthalten. Dasselbe gilt also von S, und da eine stetige Funktion alle
Zwischenwerte annimmt (vgl. S. 54), so wird es in (a, h) eine Stelle §
geben, für welche die Gleichung
Cr) ■ s-(&-o)iA +r ! (i)
stattfindet. Diese bedeutet, nebenbei bemerkt, daß eine gewisse Tan
gente der Kurve die gleiche Länge über (a, h) hat, wie die Kurve selbst.
Nun wollen wir statt des ganzen Bogens AB das Stück AX be
trachten, das dem Intervall («, x) entspricht. Seine Länge ist offen