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Erster Abschnitt. Allgemeine Eigenschaften. I.
Für gewisse Eigenschaften der algebraischen Gleichungen ist
es von Vortheil, dieselben unter der Form homogener Polynome
zweier Unbekannten x und y zu betrachten, und zwar mit Hinzu
fügung der Binomialcoefficienten zu den aufeinander folgenden
Gliedern. Ein solches Polynom hat die Form:
ax n -f (J'j bx n ~ 1 y + (g) cx n -hf H (- ^ sxtf 1 - 1 -f ty n .
Nach Cayley ist die symbolische Bezeichnung hierfür:
/\
{a, b,c,...t) (x, y) n ,
und die Benennung „binäres Polynom“. In einem speciellen
Falle kann y gleich der Einheit und der Werth des Polynoms gleich
Null sein; man hat alsdann eine Gleichung vom n ten Grade mit
einer Unbekannten, also:
/\
(a, &, c,... t) (x, 1)” = 0.
§ 2. Begriff der Wurzel einer algebraischen Gleichung.
Jede Grösse von allgemeiner Beschaffenheit oder jeder Zahlen
werth, sei er reell oder complex von der Form a -f- ß j/— 1,
welcher für x substituirt das Polynom X gleich Null macht oder
der Gleichung X = 0 Genüge leistet, heisst eine Wurzel der
Gleichung.
Eine Gleichung auflösen bedeutet, ihre Wurzeln suchen oder
alle Werthe bestimmen, welche der gegebenen Gleichung genügen.
Die allgemeine Auflösung einer litteralen oder einer numerischen
Gleichung würde bestehen müssen in der Bestimmung einer ge
eigneten aus sämmtlichen Coefficienten zusammengesetzten Function.
Bei den Gleichungen der ersten vier Grade kann dies Problem
durch verschiedene Methoden immer gelöst werden. Dagegen ist
eine Auflösung der vollständigen litteralen Gleichungen höherer
Grade nicht weiter möglich. Die Unmöglichkeit, die allgemeinen
algebraischen Gleichungen von höherem Grade als dem vierten
aufzulösen, haben Ruffini, Abel u. A. bewiesen. Man ist deshalb
und auch aus practischen Gründen frühzeitig bemüht gewesen, die
Wurzeln numerischer Gleichungen aller Grade durch Versuche und
approximativ zu berechnen. Diese Näherungsmethoden setzen die
Kenntniss einer Reihe von allgemeinen Eigenschaften der Gleichungen