228 Besondere Naturlehre.
§. IOZZ. Wenn das Auge Gegenstände sehen soft,
so muß der Sehewinkel eine gewisse Grösse haben, ist
der Gegenstand so klein, oder so entfernt, daß der Se
hewinkel zwischen einer Minute und einer halben Minute,
oder zwischen 30 und 60 Secunden fallt, so Hort der Ge
genstand auf, dem menschlichen Auge sichtbar zu seyn,
welches freylich einige Ausnahmen, nach der Beschaffen
heit des Auges, leidet; verschiedene Thiere sehen die
Gegenstände unter weit geringern Sehewinkeln, beson
ders die Raubvögel, welche in einer weit grossen Entfer
nung, als andern Thieren oder Menschen möglich wäre,
ihre Beute erblicken und deutlich sehen.
§. io <4. Leuchtende Gegenstände werden dem Auge
noch unter solchen! Sehewinkel sichtbar, unter welchem
bloß erleuchtete Gegenstände unsichtbar sind; man sieht
daher leuchtende Gegenstände in weit groffern Entfernun
gen, als erleuchtete.
§. 1035. Die Kristallinst im Auge bildet, wie ich es
bey den convexen Gläsern bewiesen habe (§.962), die
Gegenstände hinter sich, nach der Verschiedenheit ihrer
Entfernung vom Auge, in verschiedenen Entfernungen ab.
§. l vz6. Da ein gesundes Auge verschieden entfernte
Gegenstände deutlich sieht, zum deutlichen Sehen aber
die Abbildung des gesehenen Gegenstandes auf der Netz
haut geschehen muß, so muß auch das Auge das Vermö
gen besitzen, seineEinrichtung zu ändern, um auf grössere
und geringere Entfernungen deutlich zu sehen, es muß
daber bey mehr entfernten Gegenständen entweder die
Kristallinst sich dem Boden des Auges, oder die
Netzhaut sich der Kristallinst nähern, oder die Convexi-
tät der Kristallinst, durch eine Art der Zusammenziehung
in ihrerDicke, verminderljwerden und bey nahen Gegen
ständen muß das entgegengesetzte erfolgen; auf welche von
diesen Arten, diese Veränderung der Einrichtung des Au
ges geschieht, ist bis jetzt noch nicht entschieden und die
Meinungen der Naturforscher sind sehr getheilt.
§. 1037.