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Kommission Y:
Nicht-topographische Anwendungen der Photogrammetrie
Berichterstatter: Prof. Dr.-Ing. 0. Lacmann
Wenn auch die Auswirkungen des Krieges auf die deutschen Photogrammetrischen Institute,
wie sie in dem 1952 erstatteten Kommissionsbericht geschildert wurden, allmählich abklingen,
so ist dennoch ihre frühere Leistungsfähigkeit, insbesondere infolge Fehlens von Aufnahme
geräten für Sonderzwecke, noch nicht wieder voll erreicht. Die Leitung des inzwischen wieder
neu erstandenen Instituts für Photogrammetrie an der Technischen Universität Berlin-Char
lottenburg ging nach der in der Berichtszeit erfolgten Emeritierung des Prof. Dr.-Ing. O. Lac
mann auf seinen Nachfolger im Amt, Prof. Dr.-Ing. R. Burkhardt, über, der den nicht-topo
graphischen Anwendungen der Photogrammetrie gleichfalls seine besondere Aufmerksamkeit
zuwendet.
1. Architektur-Vermessung
Im Rahmen des ihm seitens der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg erteilten
Lehrauftrages ,,Architektur-Photogrammetrie“ befaßte sich R. Burkhardt unter anderem mit
der photogrammetrischen Aufnahme und Auswertung der Schlüter-Kanzel in der Marien
kirche Berlin sowie einer 50 m langen Palastruine (auf Grund von 58 Leica-Aufnahmen) und
der Bühnenverkleidung des Titaniapalastes als Unterlage für ein raumakustischen Unter
suchungen dienendes Gipsmodell. Dem Wiederaufbau der Technischen Universität kam die
Aufnahme und Entzerrung der Bilder von etwa 20 Fassadenteilen zugute. Über diese Arbeiten
berichtet der Aufsatz:
Burkhardt, R.: „Short Range Photogrammetry with Miniature Camera and Multiplex“
in „Photogrammetric Engineering“, 1952, S. 723. . .730.
Hier ist ferner zu nennen die Arbeit:
Manek: „Denkmälerarchive“ in „Naturwacht-Denkmalwacht“, Jena, Sept. 1953.
In der Technischen Hochschule Karlsruhe wurden von K. O. Raab Bauwerke (Limburg in
der Pfalz und Klosterruine Allerheiligen im Schwarzwald) unter Verwendung von Zeiss’schen
Doppelkammern aufgenommen und mit dem Multiplex und Kleinautographen in den Maß
stäben 1 : 10. . . 1 : 50 ausgemessen. Zum Teil wurde auch der Stereoluz mit Erfolg eingesetzt.
Dabei wurde im Aufriß und bei günstigen Basisverhältnissen auch in den Längs- und Quer
schnitten eine Genauigkeit von 1... 2 cm erzielt.
In München setzte Dr.-Ing. Sutor seine Arbeiten auf dem Gebiete der Architektur-Photo
grammetrie erfolgreich fort. Es gelang ihm, auf Grund eines Amateurbildes die Kuppel des
Perlachturms in Augsburg mittels monokularer Komparatormessungen im Grundriß, in zwei
Ansichten sowie in einer Reihe von Profilen mit einem mittleren Fehler von nur wenigen mm
zu rekonstruieren. Beim Wiederaufbau des Staatstheaters in Augsburg schuf Dr. Sutor auf
Grund der photogrammetrischen Aufnahme und Ausmessung eines im Maßstab 1 : 20 an
gefertigten Modells der Decke des Zuschauerraumes einen Grundrißplan im Maßstab 1 : 20
gegenüber der Natur mit Schichtlinien im Abstand von 0,25 m. Die Aufnahme erfolgte mit
der leichten Finsterwalder-Feldausrüstung nach Zwischenschaltung eines Ringes für Nah
aufnahmen. Die Auswertung geschah am Stereoplanigraphen C 8. Der mittlere Höhenfehler
betrug ^ 5 mm gegenüber der Natur und umfaßt sowohl die bei der Anfertigung des Modells
wie die bei dessen Ausmessung unterlaufenen Fehler. 1700 Punkte wurden ihrer Höhe nach
bestimmt.
2. Defo rmationsmessungen
Das bereits im Kommissionsbericht des Jahres 1952 kurz beschriebene, von R. Burkhardt
und W. Koepcke ausgearbeitete spiegeloptische Verfahren zur Lösung von Aufgaben der
Festigkeitslehre, die einer Berechnung nicht oder nur schwer zugänglich sind, wurde weiter