Gegensatz zu jeder der beiden vorigen, eine bewußte, einem
bestimmten Zweck dienende Schöpfung des menschlichen Gei-
stes und als solche wandelbar und einer gewissen Entwicklung
unterworfen. Die Aufgabe des physikalischen Weltbildes kann
man in doppelter Weise formulieren, je nachdem man das Welt-
bild mit der realen Welt oder mit der Sinnenwelt in Zusammen-
hang bringt. Im ersten Fall besteht die Aufgabe darin, die reale
Welt möglichst vollständig zu erkennen, im zweiten darin, die
Sinnenwelt möglichst einfach zu beschreiben. Es wäre müßig,
zwischen diesen beiden Fassungen eine Entscheidung treffen zu
wollen. Vielmehr ist jede von ihnen für sich allein genommen
einseitig und unbefriedigend. Denn auf der einen Seite ist eine
direkte Erkenntnis der realen Welt ja überhaupt nicht möglich,
und andererseits läßt sich die Frage, welche Beschreibung meh-
rerer zusammenhängender Sinneswahrnehmungen die einfachste
ist, gar nicht grundsätzlich beantworten. Es ist im Laufe der
Entwicklung der Physik mehr als einmal vorgekommen, daß
von zwei verschiedenen Beschreibungen diejenige, die eine Zeit-
lang als die kompliziertere galt, später als die einfachere be-
funden wurde.
Die Hauptsache bleibt, daß die genannten beiden Formu-
lierungen der Aufgabe sich in ihrer praktischen Auswirkung
nicht widersprechen, sondern im Gegenteil in glücklicher Weise
ergänzen. Die erste verhilft der vorwärts tastenden Phantasie
des Forschers zu den fiir seine Arbeit vollig unentbehrlichen
befruchtenden Ideen, die zweite hilt ihn auf dem sicheren Bo-
den der Tatsachen fest. Diesem Umstand entspricht es denn
auch, daß die einzelnen Physiker, je nachdem sie mehr einer
metaphysischen oder einer positivistischen Gedankenrichtung
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