Jeder Eigenschwingung entspricht eine besondere Wellen-
funktion w als Lösung der Wellengleichung, und alle diese ver-
schiedenen Eigenfunktionen bilden die Elemente zur Beschrei-
bung irgendeines Bewegungsvorganges nach der Wellen-
mechanik.
Das Resultat ist dieses: Während die klassische Physik eine
räumliche Zerlegung des betrachteten physikalischen Gebildes
in seine kleinsten Teile vornimmt und dadurch die Bewegungen
beliebiger materieller Körper auf die Bewegungen ihrer einzelnen
als unveränderlich vorausgesetzten materiellen Punkte, d. h.
auf Korpuskularmechanik zurückführt, zerlegt die Quanten-
physik jeden Bewegungsvorgang in die einzelnen periodischen
Materiewellen, die den Eigenschwingungen und Eigenfunk-
tionen des betreffenden Gebildes entsprechen, und führt dadurch
zur Wellenmechanik. Daber ist nach der klassischen Mechanik
die einfachste Bewegung diejenige eines einzelnen materiellen
Punktes, nach der Quantenmechanik diejenige einer einfach
periodischen Welle, und wie nach der ersteren die allgemeinste
Bewegung eines Kórpers als die Gesamtheit der Bewegungen
seiner einzelnen Punkte aufgefaft wird, so besteht dieselbe nach
der letzteren in dem Zusammenwirken aller möglichen Arten
von periodischen Materiewellen. Diese Verschiedenartigkeit der
Betrachtungsweisen làft sich beispielsweise veranschaulichen :
an den Schwingungen einer gespannten Saite. Einerseits kann
man nämlich als Elemente des Vorgangs die Bewegungen der
einzelnen Punkte der Saite betrachten. Jedes materielle Teil-
chen der Saite bewegt sich, unabhängig von allen übrigen, nach
Maßgabe der auf dasselbe wirkenden, durch die lokale Krüm-
mung der Saite bedingte Kraft. Man kann aber auch anderer-
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