zwangsläufig nach allen Richtungen fort, und das Ganze gerät in
Bewegung. So ist es auch mit der Frage der Kausalität. Es hätte
gar keinen Sinn, innerhalb der Physik das Walten einer strengen,
unverbrüchlichen Gesetzlichkeit anzunehmen, wenn das nämliche
nicht auch in der Biologie und Psychologie zutreffen würde. —
Wie steht es denn nun aber mit der Willensfreiheit, deren Pri-
mat üns doch durch unser Selbstbewußtsein, also durch die un-
mittelbarste Erkenntnisquelle, die es geben kann, mit aller Sicher-
heit verbürgt wird? Ist auch der menschliche Wille kausal ge-
bunden, oder ist er es nicht? Die so gestellte Frage ist, wie ich das
schon wiederholt darzulegen versuchte, ein Musterbeispiel für
eine Árt von Problemen, die wir oben als Scheinprobleme be-
zeichnet haben, die nämlich genau genommen gar keinen
bestimmten Sinn besitzen. Im vorliegenden Falle liegt die ver-
meintliche Schwierigkeit nur in einer unvollständigen F ormulie-
rung der Frage. Der wirkliche Sachverhalt läßt sich kurz folgen-
dermaßen aussprechen. Vom Standpunkt eines idealen alles
durchschauenden Geistes betrachtet ist der menschliche Wille,
wie überhaupt alles körperliche und geistige Geschehen, kausal
vollständig gebunden. Dagegen vom Standpunkt des eigenen Ich
betrachtet ist der auf die Zukunft gerichtete eigene Wille nicht
kausal gebunden, und zwar deshalb, weil das Erkennen des eige-
nen Willens selber den Willen immer wieder kausal beeinflußt,
so daß hier von einer endgültigen Erkenntnis eines festen kau-
salen Zusammenhanges gar nicht die Rede sein kann. Man könnte
dafür auch kurz sagen: objektiv, von außen, betrachtet ist der
Wille kausal gebunden, subjektiv, von innen, betrachtet ist der
Wille frei. Diese beiden Sätze widersprechen sich einander eben-
sowenig, wie die beiden einander entgegengesetzten Behauptun-
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