Full text: Das Buch berühmter Ingenieure

   
    
    
  
    
   
    
  
     
    
   
    
  
     
     
  
  
  
  
  
  
  
   
276 
  
Max von Enyth. 
liches Aufsehen erregt. An anderer Stelle dieſes Buches (vgl. S. 27) ist 
das Prinzip derartiger Gasmaſchinen ein wenig genauer behandelt worden. 
Die Lenoirſche Erfindung aber schien eine faſt umwälzende Bedeutung 
für das Maſchinenweſen gewinnen zu ſollen, und mannigfach bemühte 
man ſich, das geheim gehaltene Prinzip der Gasmaſchinen zu ergründen. 
So experimentierte denn auch der Besitzer der Kuhnſchen Fabrik und 
mit ihm unſer Freund Max Eyth daran herum, Lenoirs Erfolg selbständig 
zu ergründen und ebenfalls eine brauchbare Gasmaſchine zu erfinden. Eyth 
hat auch über dieſe Epoche seines Lebens späterhin mit seinem unverwüſt- 
lichen Humor getreulich Bericht erstattet. Möge seine von köstlicher Selbst- 
ironie gezeichnete Schilderung hier ebenfalls folgen: 
„Man baute im Jabrikhof eine fensterloſe Bretterbude, zu der, nahezu 
bei Todesstrafe, niemand außer mir und zwei Monteuren Zutritt hatte. 
Dort wurde die neue Maſchine zuſammengeſstellt und in der Dämmerung 
einer Sommernacht, nachdem die Fabrik von allem, was Odem hatte, ver- 
laſſen worden war, zum erstenmal verſucht. Es war eine unvergeßliche 
Stunde. Gasmaſchinen jener Zeit mußten ein- oder zweimal von Hand 
gedreht werden, ehe ſie in Gang kommen konnten. Dies verlangte schon die 
Theorie. Dagegen waren wir in völligem Dunkel darüber, ob bei der nun 
zu erwartenden Exploſion der eingeſaugten Gase ein Druck von einer oder 
von fünfzig Atmosphären entstehe, ob die Maſchine sich wie eine tollge- 
wordene Kanone oder wie ein toter Eiſenklumpen benehmen würde. Dazu 
die kniſternde elektriſche Zündung, von der wir alle nichts verſtanden. Es 
war dämoniſch. 
„Die Türe der Geheimbude wurde weit geöffnet, um ſich im entscheiden- 
den Augenblick, wenn möglich, retten zu können. Kuhn stand im Freien, in 
der, wie er hoffte, ſicheren Entfernung von fünfzehn Schritten. Fünfzehn 
Schritte hinter ihm stand seine treue, aber neugierige Frau, die ihren Gatten 
in der ernſten Stunde nicht verlaſſen wollte. Ich und einer der zwei Mon- 
teure waren bereit, uns zu opfern, und drehten das Schwungrad. Bei der 
zweiten Umdrehung ſollte der Theorie nach die erſte Exploſion erfolgen, 
die Maſchine zu laufen beginnen oder alles zertrümmern. Nichts dergleichen 
geſchah. Wir drehten in banger Erwartung fünf-, sechsmal. Unser Mut 
wuchs. Wir drehten mit aller Kraft und schneller. Bei der zehnten Um- 
drehung erfolgte ein furchtbarer Knall, den ein mephistiſcher Geruch begleitete. 
Das Schwungrad entriß sich unſern Händen; die Maschine machte zwei 
zuckende Umdrehungen und blieb dann stehen, als ob nichts geschehen wäre. 
Wir aber gingen nachdenklich und etwas erleichtert nach Hauſe, denn alles 
   
  
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.