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96 V. Vorlesung.
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weise im Verdauungskanal, sofern sie nicht von den im Darmkanal lebenden
Mikroorganismen angegriffen und verwendet werden, keinem weiteren Ab-
bau unterliegen. Diese einfachsten Bausteine sind bereits zur Aufnahme in
die Gewebe vorbereitet. Galaktose und Fruktose scheinen zuvor in Glukose
umgewandelt zu werden. Diese Umlagerung vollzieht sich auch im Reagenz-
glase sehr leicht.!)
Sämtliche Polysaccharide dagegen können nicht ohne weiteres zur Auf-
nahme in die Gewebe gelangen. Es zeigt dies ohne weiteres die folgende
Tatsache. Wenn wir irgend ein Tier selbst wochenlang mit Stärke füttern,
so begegnen wir trotzdem diesem Kohlehydrat nicht jenseits des Darm-
kanales in den Geweben. Der tierische Organismus besitzt kein der auf-
genommenen Stärke identisches Polysaccharid. Das Gleiche gilt für den
Rohrzucker. Selbst bei ausschließlicher Zufuhr dieses Disaccharids begegnen
wir unter normalen Verhältnissen der Saccharose nicht im Blute und den
Zellen des tierischen Organismüs. Diese direkten Beobachtungen zeigen schon,
daß offenbar die genannten Kohlehydrate vor ihrer Aufnahme durch die
Darmwand einer weitgehenden Umwandlung unterliegen.
Wir kennen noch eine Methode, um diese Annahme experimentell zu
prüfen. Normalerweise führen wir dem tierischen Organismus alle festen
und flüssigen Nahrungsstoffe durch den Verdauungskanal zu. Wir sprechen
von einer Aufnahme der Nahrung per os. Nur der Sauerstoff hat eine
andere Eingangspforte, nàmlich die Lungen — bei manchen Tierklassen
die Kiemen und die Haut. Wir kónnen nur durch Überschwemmung des
Magendarmkanals mit einem bestimmten Nahrungsstoff unter Umstànden
erzwingen, daf auch noch nicht umgewandelte Stoffe zur Aufnahme ge-
langen. Wir überrumpeln gewissermafen die Zellen des Verdauungskanales
und verhindern, daß der Abbau vollständig durchgeführt wird.
Auf noch einfachere Weise erreichen wir den Eintritt von nicht um-
gewandelten Nahrungsstoffen, indem wir diese mit Umgehung des Darm-
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kanals direkt in die Blutbahn einspritzen — intravaseuläre Zufuhr -—
oder aber sie unter die Haut — subkutane Zufuhr — oder in die
Bauchhóhle — intraperitoneale Zufuhr — bringen. Wir sprechen ganz
allsemein von einer parenteralen Einverleibung?) der Nahrungsstoffe.
Wählen wir Rohrzucker zu diesem Versuche, dann beobachten wir, dal
nach ganz kurzer Zeit der Harn Rohrzucker enthält, und zwar wird fast
das gesamte parenteral zugeführte Disaccharid durch die Nieren — die
Bereitungsstätten des Harnes — ausgeschieden.?) Offenbar liegt dieser
Entfernung des Rohrzuckers aus dem Organismus und insbesondere aus
dem Blut die Tatsache zugrunde, daß die Körperzellen mit dem Rohr-
zucker als solchem nichts anzufangen wissen.
1) Vgl. hierzu S. 37.
?) Der Ausdruck ,parenteral^ stammt von Carl Oppenheimer: Hofmeisters Bei-
träge. 4. 267 (1903).
?) Vgl. hierzu E. Weinland: Zeitschr. f. Biol. 47. 279 (1907). — .E. Abderhalden
(Carl Brahm, G. Kapjberger, E. Rathsmann, F. Wildermuth, L. Grigorescu): Zeitschr.
f. physiol. Chemie. 64. 529 (1910); 69. 23 (1910); 71. 367 (1911); 90. 388, 419 (1914). —
Vgl. aueh Fritz Voit: Deutsches Archiv f. klin. Med. 58. 523 (1897). — Lafayette
B. Mendel and Philip H. Mitchell: Amer. Journ. of Physiol. 14. 239 (1905). — Walter
Brasch: Habilit.-Schrift. München. R. Oldenbourg. 1907. — Lafayette B. Mendel and
Israel S. Kleiner: Amer. Journ. of Physiol. 26. 326 (1910). — Ernst Heilner: Zeitschr.
f. Biol. 56. 75 (1911), — Ferner Emil Abderhalden: Die Abderhaldensche Reaktion.
5. Auflage, J. Springer, 1922.