364 XIX. Vorlesung.
weist, daß die Abtrennung von Polypeptiden auf dem erwähnten Wege nur be-
weist, daß Dipeptide mit bestimmten Bausteinen in einem Gemisch von
Eiweißabbaustufen anzutreffen sind, jedoch läßt sich nicht bestimmen,
welches Dipeptid das Anhydrid geliefert hat. Ferner ist diese Methodik
nur zur Isolierung von Dipeptiden geeignet.
In ganz entsprechender Weise wurde unter den Abbaustufen der
Seide Glyzyl-l-tyrosinanhydrid") gewonnen. Ferner glückte es, aus
Elastin Glyzyl-l1-leuzinanhydrid?), Glyzyl-d-alaninanhydrid?) und
Glyzyl-d-valinanhydrid?) und aus Gelatine Glyzyl-l-prolinan-
hydrid?) zu isolieren. Die Gelatine war mit Trypsin verdaut worden.
Glyzyl-l-phenylalanint) ist ferner aus dem Darminhalt gewonnen und
auber als freies Dipeptid auch als Anhydrid identifiziert worden. Endlich
ist aus Kaseinogen Isoleuzyl-valinanhydrid erhalten worden.?) Ferner
hat F. G. Hopkins®) aus Zellen des tierischen Organismus und auch aus
Hefe eine aus zwei Aminosäuren bestehende Verbindung isoliert, der ohne
Zweifel bei der Zellatmung eine bedeutungsvolle Rolle zukommt. Sie be-
steht aus den Bausteinen Zystéin und Glutaminsäure und ist wahr-
scheinlich als Dipeptid zu betrachten.) Eine endgültige Entscheidung, ob
sie wirklich die Struktur eines solchen hat, vermag erst eine Vergleichung
mit den Eigenschaften der entsprechenden synthetisch dargestellten Verbin-
dung zu geben.
Aus diesen. Befunden ergibt sich, daß unter den Abbau-
stufen der verschiedensten Proteine Dipeptide anzutreffen sind.
Es ist schließlich auch gelungen, solche direkt abzutrennen und ihrer
Struktur nach vollständig aufzuklären. So gelang es, aus Elastin d-Alanyl-
l-leuzin$), l-Leuzyl-d-alanin?), l-Leuzyl-glyzin und Glyzyl-
l-leuzin!?) darzustellen. Seidenfibroin ergab d-Alanyl-glyzin, Glyzyl-
l-tyrosin und Glyzyl-d-alanin.3) Aus Gliadin wurde l-Leuzyl-
d-glutaminsüure!?) isoliert. Das gleiche Protein lieferte auch 1- Prolyl-
l-phenylalanin.??) Unter den Verdauungsprodukten von Eiweiß, gewonnen
aus dem Darminhalt, ließ sich endlich, wie schon erwähnt, Glyzyl-
-phenylalanin nachweisen.!*)
!) Emil Fischer und Emil Abderhalden : Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. 39.
2315 (1906). — Emil Abderhalden und Akikazu Suwa: Zeitschr. f. physiol. Chemie.
66. 13 (1910).
) Emil Fischer und Emil Abderhalden: Ebenda. 40. 3544 (1907).
3) P. A. Levene und W. A. Beatty: Ebenda. 39. 2060 (1906). — P. A. Levene
und G. B. Wallace: Zeitschr. f. physiol. Chem. 47. 143 (1906). — P. 4. Levene: Ber. d.
Deutschen Chem. Gesellsch. 43. 3168 (1910).
4) Emil Abderhalden: Zeitschr. f. physiol. Chem. 81. 315 (1912).
5) H. D. Dakin: Biochem. Journ. 12. 290 (1918).
€) F. G. Hopkins: The biochemical J. 15. 286 (1921).
7) Vel. auch S. 318.
8) Emil Fischer und Emil Abderhalden: Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. 40.
3544 (1907).
9) Emil Abderhalden: Zeitsehr. f. physiol. Chem. 58. 373 (1908).
10) Emil Abderhalden: Zeitschr. f. physiol. Chem. 62. 315 (1909).
11) Emil Abderhalden: Ebenda. 62. 315 (1909); 63. 401 (1909); 65. 417 (1910.) —
Emil Abderhalden und Ryngo Inouy: Ebenda. 80. 198 (1912).
12) Emil Abderhalden und Emil Fischer: Ber. d. Deutschen Chem. Gesellsch. 40.
3544 (1907).
13) Thomas B. Osborne und S. H. Clapp: Americ. Journ. of Physiol. 18. 123 (1907).
14) Emil Abderhalden: Zeitsch. f. physiol. Chemie. 81. 315 (1912).