Portalgewände der St. Jakobs-Kirche in Regensburg beziehen sich sechs
durchweg verschiedene Zierbogen auf drei Klimazonen und drei Him⸗
melssphären. Am Taufftein von Altenstadt bei Schongau entsprechen die
viermal wechselnden Zierstreifen am voberen Kesselrand dem Inhalte
der vier Darstellungen, über denen sie laufen, den Fuß begleltet ein
blattbesetztes Wellenband, das Symbol des lebenspen denden Taufwas⸗
sers, über Maria mit dem Kinde ift engmaschiges, für Dämonen un—
durchdringliches Flechtwerk; über Fefus im Jordan ist vierfach sich
durchschneidendes Wellenband; üͤber dem Täufer Johannes, der am
Rande der Wüste predigt, ist ein Palmettenmuster; über St. Michaels
Drachenkampf ist ein Band von bregenförmigen Schlingen. Man über⸗
zeuge sich im Dom zu Chur oder an der Apsis von Schöngrabern, wie
sorgfältig die Ornamente ausgewählt sind, damit sie dem Inhalt der
pon ihnen umschlossenen oder bekrönten Bildflächen entsprechen und
das Thema ergänzen. So sinnreich arbeitet kein Zufall, keine sinnlose
Steinmetzlaune.
Der nördliche Bogen
Die Einfassung geschieht durch mehrfach durchgezogenes Wellenband.
Dieses Ornament ziert den Türsturz von St. Jakob in Regensburg,
Isen und Windberg; es läuft über der Taufe Jesu am Taufstein und
aun dessen Fuß in Altenstadt; es sagt von lebenspendendem Wasser, von
der Taufe als Bedingung zur Aufnahme in die Kirche und Lebensge—
meinschaft mit Christus.
Der mittlere Bogen
Hier ist ein Band von aneinander gereihten Kreisen von einem
zweifachen, sich überschneidenden Zickzackband durchzogen, daß in jedem
Kreise die Kreuzung der Schrägen stattfindet. Das ist eine Kombination
des Zickzacks mit dem Kreis. Das Zickzack, das oft die Archivolten ziert,
ist uraltes Abwehrornament, als solches auch bei den Chinesen in Ge—
brauch, sowohl in einfacher Gestalt, als auch in Überkreuzung als Hecke,
Schrattengatter. Der Kreis ift heilig. Der Teufel kann ihn nicht uͤber—
schreiten, nicht betreten oder nicht verlassen. Er hat seine Kraft von der
Sonne, seinen Segen von Gott, ist heilig als Nimbus. Oft werden die
Kreise zu einem Bande aneinandergereiht an Bogen und Portalge—
simsen angebracht, Segen bedeutend. Sie werden ineinander geschoben
oder, wie hier, von einem Zickzack durchzogen, damit die bösen Geifter
keine Zwischenräume finden, durchzuschlüpfen. Am Kircheneingang
mahnt die Kombination, Dämonen der Welt, Sorge und Zerstreuung
draußen zu lassen und den Innenraum des Heiligtums mit Ehrfurcht
zu betreten. Hier bedeutet das Kreisband zugleich die Zulassung zur
Gemeinschaft Christi in der Kirche.
Der südliche Bogen
Ein Kranz von Rosen ist nicht bloß lieblich, sondern auch sinnreich.
Rosen sind Slerne. Manchmal werden auch Sonne und Monoͤ, meistens
aber die Sterne in romanischer Plastik als Blumen, Rosen gegeben.
Die Sternornamente sind Abwehrzeichen, die fünfblättrige Rose ist
Glückzeichen und schützt Türen, Kästen und Wiegen, an und in Trink—
gefäßen sind sie Hüler des Geheimniffes. In den Sternen steht die Zu—
kunft geschrieben Hier lenken die Rosensterne die Gedanken zum Him—
mel; dieser südliche Bogen entspricht der Symbolik des Südens, Licht,
Leben, Himmel; er öffnet den Eingang ins himmlische Vaterhaus.
Lesen wir den Inhalt der drei Bänder im Zusammenhang: Der
Eingang in die Kirche führt in ein dreifaches Himmelreich; in das Reich
der Gnade durch die Tilgung der Sünde (Norden), in das der Vereint?
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