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stellung in dem Felde zwischen den Strickwülsten. Es sind in der Haupt—
sache Tierbilder, deren Erklärung einstweilen zurückgestellt wird. Hier
sei hingewiesen auf einen Grundgedanken, der die Bauplastik beherrscht
und auch hier am Taufstein zur Geltung kommt, also zur Lösung der
Rätsel beiträgt. Die Symbolik des Kirchengebäudes sieht im Innen—
paum der Kirche den Frieden, draußen den Kampf, drinnen Gnaden—
leben, draußen die Sünde, drinnen Gottesdienst, draußen Weltdienst,
das Weltbild (die Elemente, Winde, Jahreszeiten, Monatsarbeiten,
Tierkreis, Kuriositäten, Krieg und Widerstreit der schlimmen Mächte),
drinnen das Himmelreich, draußen aber „stehen die Hunde, die Sau—
herer, Ehebrecher, Mörder, Götzendiener und Lügner“ nach der Offen—
barung Johannis (22, 15). Die oft wiederholten, beqguemen Deutungen
der Kämpfe auf den Streit des guten gegen das böse Prinzip, den Sieg
des Christentums, die Macht der Kirche und Anprangerung des Heiden⸗
tums halten ehrlicher Prüfung nicht stand. Besonders die Tierkämpfe
stellen meist nichts anderes dar, als daß die Mächte des Bösen und der
Finsternis untereinander selbst keinen Frieden haben. Friede ist drin—
nen, außen aber Unfriede. Auch an unserm Taufstein ist diese Symbolik
maßgebend. An den Außenwänden der Taufbecken ist der Bezug auf
Sünde und Taufgnade, auf die Rettung der Seele aus der Gewalt des
Bösen und auf die Exorzismen des Taufritus sehr oft nachzuweisen.
Die Unterwelt
Um den Sockel des Taufbeckens lagern, ohne es zu tragen, vier Bild⸗
werke, die der Symbolik der Unterwelt angehören. Einmal ist es ein
einzelner Löwe, zweimal sind es Löwenpaare, von denen je einer dem
anderen die Vorderpranken auf den Rücken legt, die also spielen; ein
guter Einfall des Bildhauers; daran ändert nichts ihr offener Rachen,
die übliche Art, Löwen darzustellen. Die Löwen als Wächter der Unter—
welt und damit Sinnbilder derselben sind ein tausendmal vorkommen—
des Motiv frühester und mittelalterlicher Kunst. Löwen bewachen die
Gräber und Grabhöhlen des Altertums; in der Churer Domplastik be—
wachen Löwen die in den Abgrund gestürzte Schlange im Großmünster
zu Zürich die Sirene, das Sinnbild des „Jacus“, in Chur wiederum den
Menschen „in lacu leonum“, den Gefangenen der Unterwelt. Auf die
vielartige Symbolik des Löwen kann hier nicht eingegangen werden,
hier kommt nur seine Bedeutung als Wächter der Unterwelt in Be—
tracht. Denn das vierte Bildwerk stellt ja einen solchen Gefangenen der
Unterwelt, einen von den Löwen bewachten Menschen dar. Unglaublich
ist seine Verrenkung; aber wir haben es nicht mit einer nur hier und
nur einmal, sondern einer öfter vorkommenden Darstellung zu tun.
So liegt z. B. am Choraufgang im Dom zu Chur und zwar an der
Nordwand ein Mensch in ähnlicher Verrenkung unter einem grimmi—
gen Löwen, der da Tod und Teufel, dem Mittelalter gleichbedeutende
Begriffe, verkörpert. Gegenüber an der Südwand ist das Gegenstück
von guter Bedeutung, der Löwe als Sinnbild Christi mit dem Buch des
Lebens vor sich. Diese Gegenüberstellung von Typen, die im Churer
Dom durch den ganzen Bilderzyklus geht, gibt Aufschluß über den Sinn
da und dort vereinzelt vorkommender Stücke, wie das des armseligen
Menschen zwischen den Löwen an unserem Taufstein. Die Verrenkung
spricht von Pein und Hilflosigkeit, vom traurigen Lose der Verdamm—
ten; die Krummschließung der Gefangenen waär dem Mittelalter aus
der grausamen Rechtspflege wohlbekannt. Die Löwengruppen um den
Sockel des Taufbeckens haben nicht das Taufwasser und die Taufhand—
lung zu behüten, sondern sie bewachen die Unterwelt und sprechen von
unentrinnbarer Gefangenschaft, ewiger Pein. Das ist der Aufbau der
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