nach außen gedrehten Haarlocken, lappig ornamentiertem Kinnbart, ge⸗
suchter Häßlichkeit des Angesichts, der einzige Heide dieser Reihe, die
Zeit des Exils darstellend, das fünfte Weltalter (Tietze, Abb. 34).
11. An der Südwestkante: Ineinander verschlungene Meyschenkör—
per, sehr undeutlich. Süden ist die Seite der Hitze und heftiger Leiden—
schaften (Sauer, S. 90 und 93; Schottentor, S. 14, vergl. Ps. 90, 6: „ab
incursu et daemonio meridiano“). Das ist ein Trusbiid zur Abwehr
der Tagesdämonen (Tietze, Abb. 35).
12. Christus, ein im Vergleich mit den Vorherbeschriebenen auf—
fallend ernst genommener Manneskopf mit gescheiteltem Haar, bloßem
Kinn, nicht langem Vollbart; er hat einige Ahnlichkeit mit dem David—
kopf und erinnert an den Christustyp romanischer Kruzifixe; das sech—
te, das christliche Weltalter (Tietze, Abb. 36).
Die Figuren in den Nischen des Vorbaus
Die Löwen in den unteren Nischen an der nördlichen und der süd—
lichen Kante, über dem Zierfries, vertreten die üblichen Wächter.
DieFigurenindenoberen Nischen.Ihre Anordnung for—
dert aufdringlich einen Vergleich mit den Kastenreliefs über dem ro—
manischen Kirchenportal zu Gögging, Bezirk Kehlheim, Niederbayern,
heraus (Karlinger, S. 93, Abb. 143; Kunstdenkmäler Bayerns, Band IV,
Heft 17, S. 127 ff. Die christliche Kunst, München, 29. Jahrgang. S. 231 ff.
Portalplastik in Gögging, Wiebel). Hier wie dort sind die Bildnischen
in Paaren beiderseits des Torbogenscheitels so verteilt, daß die mitt—
leren kleineren etwas erhöht sind über die Standfläche der äußeren.
Die erste Nische, an der Südkante, birgt die Figur Samsons,
der dem Löwen den Rachen aufreißt (Buch der Richter, 14, 6). Diese
Darstellung ist am Verduner Altar in Klosterneuburg mit der In—
schrift versehen: „Samson mit dem Löwen. Dieser Mann, o Christus,
sinnbildet deine, der Löwe des Todes Figur“. Nebenbei gesagt, beweist
Bild und Inschrift, daß der Löwe in romanischer Symbolik auch als
Bild des Todes genommen wurde., Die Stelle aus Psalm 21, 22: „Rette
mich aus dem Rachen des Löwen“ ist in die Bildersprache der Toten—
liturgie übergegangen. Der Vorgang wird auf Christus bezogen, der
durch seinen Tod den Tod besiegt, durch seine Auferstehung die Seelen
der Gerechten aus der Vorhölle befreit hat, die Zuversicht geschaffen hat,
aus der Gefangenschaft des Todes und Teufels AIo zu werden. Tod
und Teufel waren dem Mittelalter gleichbedeutend. In Gögging ist an
der entsprechenden Stelle Christus der Auferstandene selbst dargestellt.
Die zweite Nische nach Norden hin enthält einen Greif mit
Aolerkopf, gefiedertem Vorderleib, erhobenen Flügeln, Vogelpranken,
darunter liegt eine Menschengestalt. Der Greif tritt oft genug an Stelle
des Löwen als Tod und Teufel auf. Der Tod hat einen Menschen nie—
dergeschlagen. In Gögging vertritt seine Stelle ein Kentaur, der in der
typischen Rückwendung des Oberleibs den Pfeil abschießt. Der Kentaur
in Gögging und der Greif in Wien bedeuten Tod und Teufel. Die zwei
Bilder gegen Süden hin an beiden Orten sagen von Tod und überwin—
dung des Todes durch die Auferstehung. Auch die nach Norden hin fol—
genden Nischenbilder gehören, bezw. gehörten zusammen.
Diedritte Nische nimmt die leider des rechten Armes und lin—
ken Fußes beraubte Prachtfigur „des Sitzenden“ ein. Die Bezeichnung
„Dornauszieher“ hat die Romantik ausgeheckt auf Grund einiger Ahn—
lichkeit mit dem antiken Bildwerke. Man sah in dem Sitzenden auch
schon einen Steinmetzzungen und machte eine neue Sage zurecht; Bau—
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