Full text: Die geistige Botschaft romanischer Bauplastik

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meister, Mönche (Hirsau!), Stifter stellen sich überall ein, wo „die Be— 
griffe fehlen“. Wie sollten sich solche Fremdkörper in die Gedankenreihe 
eingeschlichen haben? Nun befindet sich genau in der entsprechenden 
Nische in Gögging ebenfalls ein Sitzender Und unzählige Male begeg— 
nen diese Sitzenden an Kapitellen, Gesimsen, Konsolen, oft zwischen be— 
wachenden Löwen. Das sind auch nicht lauter Davide, Hirten, Daniele, 
Richter. Die Haltung, das Ruhen einer oder beider Hände auf den 
Knien, das überschlagen der Beine sagt zunächst nur von Ruhen. Die 
häufige Wiederkehr derselben Sitzfiguren, meist in Nischen oder be— 
schatteten Bauteilen bestätigt die Auffassung, daß hier die in der Vor— 
hölle (Fegfeuer) auf Erlösung wartenden Menschenseelen gemeint sind 
nach Psalm 106, 10: „Sie ngen in Finsternis und Todesschatten, ge— 
fangen in Elenoͤ und Eisen; aber sie riefen zum Herrn in ihrer Trüb— 
sal und er rettete sie aus ihren Nöten, führte sie heraus aus Finsternis 
und Todesschatten und zerbrach ihre Fesseln...“ In diesem Sinne 
dürfen die meisten der kauernoͤen und sitzenden, traurigen, erbärm— 
lichen, gepeinigten Männchen verstanden werden und es ist begreiflich, 
warum sie unter Gesimsen, in Nischen, an Sockeln, wie Büßer an Kir— 
cheneingängen sitzen. Es bedeutet also der Sitzende sowohl in Gögging 
als in Wien einen im Schatten des Todes Haͤrrenden, die Figur steht 
in Gedankeneinheit mit den Vorhergehenden, Tod und Auferstehung; 
und es ist zu erwarten, daß auch die Folgende nicht vom Thema ab— 
springt, sondern vielmehr die „Predigt“ beschließt. 
In der,pierten Nische an der Nordecke des Vorbaus von St. 
Stephan steht, vielleicht seit 1500, eine spätgotische Figur des Kirchen⸗ 
patrons. Vordem war gewiß ein romanisches Bildwerk an dieser 
Stelle. Was wird es dargeftellt haben Es mußte in Beziehung sein zu 
Tod, Gefangenschaft und Befreiung. Gehen wir nach Gögging. Da steht 
in der entsprechenden letzten Nifche eine Frau mit Rauchfaß. Frauen 
mit Weihrauchfässern erscheinen aͤuf alten Elfenbeinschnitzereien als 
Frauen am Grabe Christi, des Auferstandenen (Mitteilungen aus dem 
Germanischen Museum Nürnberg, 1895, S. 20 ff.; Die christl. Kunst, 
München, 1924, 20. Jahrgang, S. 89; Orbis pictus, Berlin, Wasmuth, 
Band 11, Abb. 34 und 48, um 1100). Elfenbeinwerke dienten häufig als 
Vorlage für Steinmetzarbeiten. Nehmen wir an, auch in Wien hätte in 
der vierten Nische eine Frau mit Rauchfaß oder Salbgefäß gewohnt, fie 
hätte dem Auferstandenen der ersten Rische, in feinem Vorbild Sam⸗ 
son, entsprochen. Ihr Dasein hätte nicht erzählenden, sondern symboli— 
schen ie Christus sprach: „Sie hat ein gutes Werk an mit getan 
(Matth. 26, 10). Die Frau wollle den Leib des Herrn ehren, das heißt 
ein Werk der Barmhergigkeit tun. Sie verkörpert die christliche Baͤrm— 
herzigkeit an den Verstorbenen, die Fürbilte für die armen Seelen, die 
Hilfe zu ihrer Befreiung. Der „Sitzende“ wartet auf Erlösung, seiner 
gedenkt die Frau, Ecelesia, die Kirche. In Worms ist die Ecckesia mit 
dem Salbgefäß, dem anderen Attribut der Frauen am Grabe, darge— 
stellt und inschriftlich mit „Misericordia“ bezeichnet (Kraus, II. S. 251). 
Vielleicht hat die Erinnerung an eine vormalige, verloren gegangene 
Figur der „Kirche“ auf den Gedanken geführt, als Ersatz den Kirchen— 
patron einzustellen, in dessen Haus ja gauch der Verstorbenen gedacht 
wird. Wie in Gögging, gehören auch in Wien die zwei Nischenbilder zu⸗ 
sammen, die auf Erlssüng wartende Seele und die fürbittende Kirche. 
Die gedankliche Einheit der vier Bilder ist sichergestellt: To d, Auf⸗- 
erstehung, Gefangenschaft und Befreiung durch 
Barmherzigkeit.
	        
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