von unten her Ranken verschlingend, ein sehr häufiges Motiv der ro—
manischen Plastik, ein Bild des alles Leben verschlingenden Todes (Re⸗
densart: „In's Gras beißen“ — sterben); an der Basis sind grimmige
Löwenköpfe. Alles zusammen ein „Memento mori“ an der Stelle, wo
verftorbene Chorherren nach der Aufbahrung im Chor zum Begräb⸗
nis getragen wurden.
II. Das Nordportal
Den Rundbogen über dem Eingang begleiten Rundstäbe und Lei—
bungsstufen. Die aufgesetzten Schellen und Rosetten dud Abwehrzeichen,
damit die Dämonen, zumal des Nordens, nicht ins eiligtum des Got—⸗
leshauses eindringen (siehe Schottentor, Seite 49/50).
In der Höhe des Türsturzes und der Kapitelle läuft am ganzen
Vorbau ein Blätterfries mit fliehenden und verfolgenden Tieren,
Katze, Fuchs, drei Hunde und ein undeutliches Fabelwesen, vielleicht
eine Siͤrene, eine Abwandlung der wilden Jagd, das vom Tode gehetzte
Menschenleben — außerhalb des Himmelreiches, das der innere Kir⸗
chenraum bedeutet.
über der dem östlichen Eckpfeiler vorgesetzten Säule ist am Kapitell
ein Gekrönter, der mit dem Bogen auf einer Kniegeige spielt, zwischen
zwei diabolischen Ungeheuern. Das ist kein David oder Daniel oder
Orpheus, was hätten sie zwischen Teufeln zu schaffen, sondern in un—
gewohnter Darstellung wegen Einpassung in die Fläche, der oft an
Kirchenausgängen aufgestellte Fürst dieser Welt, der nach Sirenenart
lockt und, die sich verlocken lassen, seinen Ministern, den Teufeln über⸗
läßt. Bei dieser Erklärung muß eben das Gegenstück am westlichen
Eckpfeiler beachtet werden. Da sehen wir die Doppellöwen, die Wäch⸗
der der ünterwelt, Sinnbilder des Todes. Die Adler an den Pfeiler—
ecken bedeuten das Gericht. Ausführlicher ist diese Andeutung an den
bordersten Säulenkapitellen des Eingangs. Während in Chur, am
Westausgang (innen) zwischen zwei Adlern „die Sterne vom Himmel
fallen“, ist hier zwischen den Adlern eine Harpyje; solche Harpyjen be⸗
deuten am Riesentor von St. Stephan in Wien, südlicher Bilderfries,
die Kräfte des Himmels, die erschüttert werden“, sie sind sozusagen
personifiziert, auf Grund der eeeresern (vgl. Matth. 24, 28 f.).
Die Kopfe in Blättern fsind Seelen, die auf Erlösung aus der Gefan—
genschaft der Unterwelt, auf die Auferstehung aus den Gräbern har⸗
ren; die verschiedenen Tiere im Kreisgeflecht, einzeln gebannt in die
Kreise, gehören den Paradiesvorstellungen an, wo sie in Frieden neben
einander keben. Der Vorraum vor dem Kirchentor hieß Paradies, Vor—
halle des Himmels, wie ein Warteraum vor dem Thronsaal. — ver⸗
zichte darauf, diese Tiere zoologisch zu bestimmen und aus der ite rari⸗
schen Symbolik abzuschreiben, an was beim Einzelnen alles gedacht
weroͤen könnte. Dem Bildhauer war es nur um Abwechslung in den
Motiven zu tun.
An den Stützen des Türbalkens ist östlich ein Phönix, das Sinnbild
der Auferstehung, westlich der Adler, das Zhen des Gerichts. Der
lang geschwungene Hals des Vogels ist nur Stilisierung.
Die gegenseitige Beziehung und die Anordnung nach dem Sinne der
Himmesrichtungen muß auch vei der Erklärung der Reliefbilder in den
vbordersten Einstufungen beachtet werden. Es stehen beiderseits drei
Kastenbilder übereinaͤnder. Um Worte zu sparen, beginne ich bei den
mittleren Darstellungen. Da stehen sich gegenüber eine nach Osten, in
der Gebetsrichtung, zur guten Seite hin wandelnde Frau mit erhobe—