Mineralifche Kohle. 101
Während alfo der Abfatz nach Säddeutfchland. Luxemburg, der Schweiz
und namentlich nach Frankreich ftark gewachfen ift, macht fich rückfichtlich des
preufsifchen Inlandes, Oefterreichs und Elfafs-Lothringens ein Rückgang bemerk-
ich. Der geringere Confum in Elfafs-Lothringen erklärt fich einfach durch den
fchwächeren Betrieb der dortigen Eifenhütten und Etabliffements der Baumwoll-
induftrie im verfloffenen Jahre. Oefterreich bezog nur Dienftkohlen für die Brenner-
bahn und Italien eine erfte Probefendung Saarkohlen über Belfort und den
Mont-Cenis. Von dergefammten Cokeprodudtion der fiscalifchen Werke wurde. wie
früher, faft die Hälfte im preufsifchen Inlande, d. h.in der Rheinprovinz und
Naffau, verbraucht.
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Il. Das oberfchlefifche Kohlenbecken.*
Das reiche oberfchlefifche Steinkohlengebiet nimmt eine ausgedehnte
Fläche ein, umfaffend die Kreife Ratibor, Rybnik, Plefs, Beuthen und Tott.
Auf der namhaften Strecke zwifchen Zabrze und Myslowitz und fodann
noch auf einzelnen verftreuten Punkten tritt das Steinkohlengebirge zu Paper Zu
einem grofsen Theile wird die Steinkohlenablagerung durch jüngere Gebirgsfor-
mationen bedeckt; allein derjenige Theil, in welchem die Kohlen leichter zugäng-
lich find, umfafst einen Flächenraum von 71% Quadratmeilen. Auf diefem Raume
lagern in einer Tiefe von weniger als 300 Lachtern etwa eine Billion Centner
Kohlen, nach oberflächlicher Abfchätzung aber in einer gröfseren, bisher noch für
unerreichbar zu erachtenden Tiefe etwa noch weitere vier Billionen Centner. Ueber
die fchlefifche Grenze fendet das oberfchlefifche Becken feine Ausläufer nach
Oefterreich (Mähren, Schlefien und Galizien) und Rufsland (Polen) hinüber.
Das Revier hat ziemlich flache, nur wenig verworfene Flöze von 3 bis 4
Meter Mächtigkeit, die bei ihrer regelmäfsigen Lagerung in einem Betriebe
herausgenommen werden, aber gerade wegen ihrer bedeutenden Mächtigkeit oft
nur eine unvollffändige Auskohlung zulaffen und manche Baufchwierigkeiten dar-
bieten. Gegen Krakau hin finden fich zahlreiche Flöze von durchfchnittlich
2'5 Fufs Stärke, die eine gefammte Mächtigkeit der Kohle von 333 Fufs bilden.
Tagbau findet nur an wenig Punkten ftatt; dagegen find die Koften der Förder-
anlagen (z. B. im Vergleich mit Mährifch-Oftrau) in der Regel mäfsig und werden
behufs einer Jahresförderung von 3 Millionen Centnern nur auf 20.000 bis 30.000
Thaler angenommen.
Die Kohlen find bei Zabrze Backkohlen, bei Königshütte Sinterkohlen
bei Laurahütte Sandkohlen. Südlich find Backkohlen feltener, überwiegen jedoch
wieder bei Petrowitz. Gaskohlen kommen nur vereinzelt vor. In der Louifenglück
und Georgigrube bei Rofdzin findet bei der Kohlengewinnung die Schrämm- un«
Schlitzmafchine Anwendung.
Das Vorkommen von Brauneifenfteinen und Thoneifenfteinen, zwar nicht
im Steinkohlengebiete, aber in der angrenzenden Tertiärformation gab in Verbin-
dung mit dem Kohlenreichthume des Landes Anlafs zu einer Eifeninduftrie, welche
im Jahre 1871 in 38 Coke-Flochöfen 218.881 metrifche Tonnen und in 17 Hoch-
öfen mit Holzbetrieb 13.038 metrifche Tonnen Roheifen erzeugte. Ferner wurden
in Oberfchlefien in demfelben Jahre 162.621 metrifche Tonnen Stabeifen gröfsten-
theils durch Puddelprocefs hergeftellt. Aufser diefer Eifeninduftrie ift noch die
Galmei- und Zinkproduction von grofser Bedeutung.
Diefe Induftriezweige verbrauchen an Ort und Stelle etwas mehr als ein
Drittel der gefammten Kohlenförderung Oberfchlefiens. Während aber vor drei
Decennien noch der Schwerpunkt der Steinkohlenverwendung im Zinkhütten-
betriebe lag, nimmt jetzt die Eifeninduftrie ein faft um das Vierzehnfache
Quantum in Anfpruch.
gröfseres
* Bei diefer Darftellung ward mehrfach die vonDr. AdolfFrantz in Beuthen trefflich
redigirte „Zeitfchrift für Gewerbe, Handel und Volkswirthfchaft‘“ benützt.