82,93. Elektroskop. 3
Elektrizität erlangt haben, dass aber diese in der einen die entgegen-
gesetzte sein muss, als in der anderen. Man bezeichnet nun diejenige
Elektrizität, welche das Glas durch Reiben mit Wolle annimmt, als
die positive, und demgemäss die, welche das Siegellack annimmt,
als die negative.
Welche von beiden Elektrizitäten ein Körper beim Reiben annimmt, hängt
hauptsächlich von seiner Natur, aber auch von der des Reibzeuges und anderen
Umständen ab. So wird Glas beim Reiben mit fast allen Körpern positiv elektrisch,
Harz fast stets negativ elektrisch, weshalb man auch die positive Elektrizität Glas-
elektrizität, die negative Harzelektrizität genannt hat. Aber Glas mit
Katzenfell gerieben wird negativ elektrisch, und ebenso wird mattgeschliffenes Glas
beim Reiben mit anderen Körpern fast stets negativ elektrisch. Auch glattes Glas
erlangt durch Erhitzen auf 100° ©. und darüber die Eigenschaft, beim Reiben mit
Wolle negativ elektrisch zu werden. Die Rückenhaare des Gemsbockes (der sog.
Gemsbart) werden positiv elektrisch, wenn sie von der Wurzel. nach der Spitze,
dagegen negativ elektrisch, "wenn sie von der Spitze nach der Wurzel hin ge-
strichen werden.
Auch flüssige Körper können durch Reibung elektrisch werden und den an
ihnen geriebenen Körper elektrisch machen. So wird durch Reiben von Quecksilber
an Glas Elektrizität frei, und durch Reibung von Wasser an festen Körpern erhält
man sehr beträchtliche Mengen freier Elektrizität, worauf die Armstrong’sche
Hydroclektrisirmaschine beruht.
$ 3. Ein Hollundermarkkügelehen an einem Seidenfaden auf-
gehängt, wie wir es zu unseren obigen Versuchen benutzten, ist wegen
seiner grossen Beweglichkeit ein sehr geeignetes Mittel, um die Existenz
anziehender oder abstossender Kräfte anzuzeigen. Und wenn es mit
einer bekannten, beispielsweise positiven Elektrizität geladen ist, so
zeigt es auch an, welcher Art die in einem Körper durch Reiben frei
gewordene Klektrizität ist. Denn stösst dieser Körper das Kügelchen
ab, so muss er selbst positiv elektrisch sein, negativ dagegen, wenn
er das Kügelchen anzieht. Bei einem mit negativer Elektrizität ge-
ladenen Kügelchen würde es natürlich gerade umgekehrt sein. Ein
solches Instrument nennt man ein Elektroskop, oder insofern man
aus der Kraft, mit, welcher die Abstossung erfolgt, auch auf die Menge
der freien Elektrizität schliessen kann, en Elektrometer.
Auf diesem Wege kann man beweisen, dass beim Reiben nie-
mals eine einzelne Elektrizität allein frei wird, sondern
dass die beiden an einander geriebenen Körper stets die
entgegengesetzten Blektrizitäten annehmen, und zwar der
eine genau so viel positive, als der andere negative. Durch
die Reibung wird also keine Elektrizität erzeugt, es wird nur die Ver-
teilung derselben in den an einander geriebenen Körpern geändert,
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