Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

$ 118. | Entartungsreaktion. — Diagnose. — Praktische Bemerkungen. 293 
neben schon deutlich wahrnehmbarer Reaktion auf den indirekt (ober- 
halb der Läsionsstelle auf den Nerven) applizirten elektrischen Reiz, 
noch eine direkte Unerregbarkeit des gelähmt gewesenen Muskel- 
gebiets auf den faradischen Strom und Fortbestehen der qualitativen 
Erregbarkeitsänderungen für den galvanischen Reiz (also träger Ablauf 
der Zuckungen, fast gleiche Wirkung der ASz und der KaSz) vor- 
handen sein, ohne dass von einer (früher vorhanden gewesenen, jetzt 
aber geschwundenen) Uebererregbarkeit noch etwas nachzuweisen wäre. 
So kann sich also jeder einzelne Fall praktisch in Bezug auf die 
Erregbarkeitsverhältnisse von Nerv und Muskel gegen die von uns 
angewendeten elektrischen Reize und in Bezug auf die aktive Beweg- 
lichkeit in ganz verschiedenen Kombinationen darstellen, je nach der 
Zeit, in welcher der Spezialfall dem Untersuchenden zur Beobachtung 
kommt; die daraus sich ergebenden scheinbar verwirrenden Bilder 
sind nur mit Berücksichtigung der von der Krankheitsdauer Kunde 
gebenden Anamnese und im Hinblick auf die durch die histologischen 
Veränderungen in Nerv und Muskel begründeten Reizungserfolge zu 
verstehen. Und so wird es jetzt wohl auch klar werden (worauf 
schon auf S. 261 u. 285 hingewiesen worden ist), wie notwendig es ist, für 
das Verständniss der Erscheinungen die Reizresultate vom Nerven 
und vom Muskel aus auseinander zu halten und zu trennen. 
Wollte man z. B. in der dritten Woche einer schweren traumatischen 
Lähmung des N. radialis einen Pol der konstanten Kette auf die 
Umschlagsstelle des Nerven am Oberarm, den andern direkt auf die 
Muskulatur setzen, so würde man durchaus falsche Vorstellungen von 
den faktisch vorhandenen Verhältnissen gewinnen, welche ja in dem 
Erloschensein der Erregbarkeit des Nerven und dem Zustand der 
Uebererregbarkeit der Muskeln ihren Ausdruck finden. Dieser Zustand 
der Uebererregbarkeit schwer gelähmter Muskelgebiete kann endlich 
noch zu falschen Auffassungen Veranlassung geben, wenn, wie z. B. 
bei den beiden Gesichtshälften, eventuell gesunde (gleichnamige) 
Muskeln und kranke räumlich nahe bei einander liegen. Nehmen 
wir an, es bestehe eine (schwere) linksseitige Facialislähmung, so 
kann es sein, dass beim Aufsetzen eines Pols z. B. in der Gegend 
des Kinnes rechts (an der gesunden Seite) beim Schluss oder bei der 
Oeffnung der Kette nicht an der direkt -gereizten Seite, sondern an 
der gelähmten linken sich Kontraktionen zeigen, da selbst die 
schwachen Stromschleifen, welche die linken erkrankten und über- 
erregbaren Muskeln erreichten, dort Zusammenziehungen auslösten, 
während dieselbe Stromstärke noch nicht genügte, die gesunden 
  
 
	        
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