Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

   
  
  
  
294 Mittelform der Lähmungen. Kap. XVI. 
Muskeln zu erregen. Auch in solchen Fällen wird die Kenntniss der 
oben auseinander gesetzten Verhältnisse vor Irrtümern (Annahme von 
Reflexzuckungen etc.) schützen. Nicht wenige Angaben von Autoren, 
welche bei Reizung eines gelähmten Nerven mit dem faradischen 
Strom keine Reaktion eintreten sahen, wohl aber bei indirekter 
Reizung mit dem galvanischen Strom, fndsbr sich auf die Verkennung 
der durch Stromschleifen auf Aurkoröghe Muskeln ausgeübten Reize 
zurückführen. Fehlen daher bei derartigen Mitteilungen galvano- 
metrische Angaben sowie nähere Beschreibung der Art und Weise der 
/usammenziehung (z. B. ob kurze blitzartige Kontraktionen, oder 
träge, langgezogene), so sind. solche Mitteilungen ohne Werteies 
nicht für weitergehende Schlussfolgerungen zu verwerten”). 
$ 119. Das Faktum, dass zu gewissen Zeiten im Verlauf soge- 
nannter schwerer berifihekischär Lähmungen Zustände vorkommen, wo 
der erkrankt gewesene und in der Restitution begriffene Muskel schon 
wieder auf indirekte Reizung vom Nerven aus mit, wenngleich 
schwacher, so doch schnell eintretender und ablaufender Zuckung 
reagirt, während der direkt (g ‚alvanisch) gereizte Muskel die langsam 
träge Zuckung mit qualitativer Veränderung der Formel darbietet, 
hatte schon gewissermassen darauf hingedeutet, dass ein erkranktes 
Muskelgebiet in dieser seiner Erkrankung eine gewisse Unabhängig- 
keit von dem Nerveneinfluss zu erlangen vermag. Erb°* und Bern- 
hardt°5 stiessen nun bei ihren Untersuchungen auch auf Fälle, in 
denen die indirekte Erregbarkeit eines rheumatisch oder traumatisch 
gelähmten Nerv-Muskelgebietes erhalten, resp. nur wenig gesunken 
*) Der Wichtigkeit des Gegenstandes entsprechend, erlauben wir uns hier 
ganz kurz die Geschichte der Lehre von der Entartungsreaktion zu skizziren. Mag 
auch, wie Onimus” behauptet, schon Hall& am Ende des vergangnen Jahr- 
hunderts die Differenz der Wirkung des elektrischen Funkens und der Volta- 
schen Säule in einem Fall von Gesichtsnervenlähmung gesehen haben, mögen auch 
Andeutungen dieser Verhältnisse in den Werken R. Remak’s gefunden werden, 
jedenfalls hat Baierlacher®? zuerst die Tatsache betont, dass gelähmte Gesichts- 
muskeln auf den ee Strom reagirten (und zwar in erhölftem Masse), 
während dies für den Induktionsstrom nicht der Fall war. Rs folgten nicht lange 
nachher viele hierhergehörige Mitteilungen (M. Meyer, Neuman n, Brenner ete.): 
klar gelegt und experimentell erhärtet wurden alle oder doch die meisten - der 
hierhergehörigen Tatsachen erst dureh Erb’s°® oben schon erwähnte Arbeit, mit 
welcher fast gleichzeitig die Abhandlung von Ziemssen und Weiss® erschien. 
Jeber die übrigen Autoren, welche in diesem Gebiete noch wichtigere Erfahrungen 
mitgeteilt haben, siehe im Text. 
   
    
      
     
     
  
  
   
    
   
             
   
      
     
     
    
    
       
       
     
    
    
   
	        
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