Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

8:721. Seltenere elektrische Reaktionsverhältnisse. 301 
hier ganz bestimmte Aeste, ganz bestimmte Muskeln von dem patho- 
logischen Prozesse verschont bleiben: zwischen Muskeln, welche die 
deutlichste Entartungsreaktion zeigen, finden sich ganz unversehrte, mit 
wohl erhaltener aktiver Beweglichkeit und gut erhaltener elektrischer 
Erregbarkeit. (Man denke nur an die in der Mehrzahl der Fälle von 
Blei-Radialislähmungen frei bleibenden Mm. supinatores.) Sodann 
können die affizirten Muskeln dem Grade nach und der Zeit nach ver- 
schieden betroffen sein; oft ist die aktive Beweglichkeit schon zurück- 
gekehrt, während die elektrischen Verhältnisse noch deutlich die tiefe 
Störung durch die mangelnde oder aborme Reaktion widerspiegeln; 
ja es sind gerade bei den hier besprochenen Lähmungsformen (der 
Bleilähmung, der atrophischen Spinallähmung Erwachsener) in sofern 
ganz wunderbare Verhältnisse von zuverlässigen Beobachtern beschrie- 
ben worden, in sofern niemals gelähmt gewesene Muskeln die 
unzweideutigsten Zeichen vorhandener Entartungsreaktion dar- 
geboten haben !%5, 
Ferner wurden bei der Bleilähmung sowohl, wie bei der akuten 
atrophischen Lähmung Erwachsener hier und da die ausgesprochensten 
Zeichen der oben näher beschriebenen Mittelformen der Reaktionen 
beobachtet '%, ferner eine Differenz in den Erfolgen indirekter fara- 
discher und galvanischer Reizung, insofern die Reizung mit dem kon- 
stanten Strom vom Nerven aus noch Erfolg hatte, nicht aber die 
mit dem faradischen Strom !". Wieder in anderen Fällen hat man 
an gelähmten und atrophischen Muskeln zwar die langsame, träge 
Zuckung beobachtet, ohne dass indess die Anodenschliessungs- 
zuckungen die Stärke der Kathodenschlusszuckungen erreicht hätten: 
sie blieben wie bei normalen Muskeln hinter den KaSzuckungen zurück, 
oder es erfolgten umgekehrt andere Male kurze und blitzartige Zuckun- 
gen, nicht aber unter Vorwiegen der Kathode, sondern der Anode !8, 
Muskeln, welche faradisch unerregbar waren, auf den galvanischen 
Strom aber in gewöhnlicher Weise reagirten, nannte ein neuerer Schrift- 
steller (Adamkiewiez!09) „isogalvanisch“ reagirend: Derselbe will 
auch, in einem Falle freilich nur, das höchst befremdliche und seither 
noch von Niemand bestätigte Faktum beobachtet haben, dass will- 
kürlich und durch den Induktionsstrom zur Verkürzung zu bringende 
Muskeln den stärksten galvanischen Reizen gegenüber stumm blieben 
(isofaradische Reaktion). Aus dem Mitgeteilten geht soviel her- 
vor, dass innerhalb der grossen feststehenden Kategorien von elek- 
trischen Reaktionsverhältnissen, wie sie erkrankte Nerven und Muskeln 
in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle darbieten, sich manche Be- 
 
	        
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