Kapitel XVII.
Von den normalen und pathologischen elektrodiagnostischen
Befunden an den Nerven der Sinnesorgane und den
sensiblen Nerven überhaupt.
$ 122. Wie auf die motorischen Nerven und Muskeln, so wirkt
der elektrische Reiz in eigentümlicher Weise auch auf die Sinnes-
organe und die sensiblen Nerven.
Was zunächst die Sinne (speziell das Gesicht, das Gehör, den
Geruch, den Geschmack) betrifft, so hat der faradische Strom hier
nur eine sehr untergeordnete Bedeutung gegenüber dem konstanten
Strom. In Bezug auf den Gesichtssinn ist es für Jeden, der sich
mit der praktischen Ausübung der Elektrotherapie beschäftigt, eine
sich häufig wiederholende und bekannte Beobachtung, dass nicht
wenige Individuen das Auftreten einer Blitzerscheinung angeben, sobald
irgendwo am Kopfe oder Nacken die Kette geöffnet oder geschlossen
wird. Die früher von einigen Autoren !!® verfochtene Ansicht, dass
diese Lichterscheinungen reflektorischen Ursprungs sind und nur durch
Reizung von sensiblen, vorwiegend Trigeminus-Nervenästen hervorge-
rufen werden können, ist heute wohl allgemein aufgegeben worden,
besonders seitdem durch v. Ziemssen? die ausgezeichneten Leitungs-
verhältnisse, deren sich die den Bulbus oculi zusammensetzenden Ge-
webe erfreuen, auch experimentell nachgewiesen ist. Es sind eben
Stromschleifen, welche durch direkte Erregung des N. opt. oder der
Retina diese Lichtempfindung hervorbringen. Das nähere Studium
dieser Erscheinungen ist, abgesehen von den Physiologen und Aerzten,
welche sich schon am Anfang dieses Jahrhunderts mit diesen Dingen
beschäftigt haben !!!', neuerdings speziell durch Arbeiten von Helm-
holtz!!? und Brenner!!3 gefördert worden. Letzterem Autor ver-
danken wir die Kenntniss des Faktums, dass die dem Auge nähere
Elektrode die Qualität des auftretenden Lichtbildes bestimmt. Nicht