326 Schwindelerscheinungen bei Gehirngalvanisation. Kap. XVII.
gleich schwächeres Schwindelgefühl ein. Ruht die Kathode am Kopf,
die Anode an einer entfernten Körperstelle, so entsteht bei Stromes-
öffnung ein subjektives Schwindelgefühl und ein objektiv nachweis-
bares Schwanken nach der der Kathode entsprechenden Seite hin.
Dieser bei KaO entstehende Schwindel ist schwächer als der bei AS
und AD entstehende. Induktionsströme bringen nach Brenner über-
haupt keine Schwindelerscheinungen hervor.
Auch nach Hitzig erzeugt Anodenschliessung leichter den
Schwindel, als Kathodenschliessung, und ebenso Anodenöffnung leichter,
als Kathodenöffnung. Bei einigermassen starken Strömen hört der
Schwindel während der Stromesdauer nicht auf und hält auch nach
der Oefinung noch einige Zeit an. Auch nach Hitzig erzeugen
Induktionsströme niemals Schwindel, eine Behauptung, die wir be-
stätigen können. Das Symptom des Schwindels zeigt nach Hitzig
mehrere Abstufungen: Der erste Grad besteht nur in einem Getühl
von Unsicherheit über das räumliche Verhalten des eigenen Körpers,
beim zweiten Grad treten Scheinbewegungen hinzu: die Gesichts-
objekte drehen sich von der Anoden- nach der Kathodenseite, um
sich im Moment der Oeffnung umgekehrt zu bewegen.
Bei starken Strömen endlich schwankt der Kopf oder der ganze
Körper der Versuchsperson nach der Anodenseite bei Schluss, nach
der Kathodenseite bei Oeffnung der Kette. Befindet sich nur eine
Elektrode am Kopf, so erfolgen die Phänomene so, als wäre die
andere Elektrode an der anderen Seite des Kopfes angesetzt. Beim
Eintritt des zweiten Schwindelgrades treten unwillkührliche, assoziirte
Augenbewegungen auf, die in schnellem Ruck in der Richtung des
positiven Stroms, und langsam pendelnd nach der entgegengesetzten
Richtung hin erfolgen.
Durch die Kettenschliessung entsteht bei den Versuchspersonen
die Empfindung, als sänken sie nach der Kathode hin und würden
nach dorthin leichter; das Sensorium erhält eine falsche Vorstellung
vom Verhalten der Gesammtmuskulatur und korrigirt die vermeint-
liche Störung des Gleichgewichts durch die „unbewusst willkührliche“
Bewegung nach der Anode hin.
Ohne auf die von Hitzig für das Zustandekommen der Nystag-
musbewegungen der Augen gegebene Erklärung hier näher einzu-
gehen, erwähnen wir noch, dass dieser Autor es unentschieden liess,
ob es sich. bei den mitgeteilten Erscheinungen um eine elektrotonisi-
rende Wirkung auf die Nervensubstanz des Gehirns selbst handelt,