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Elektrotherapeutische Behandlung der Psychosen. Kap. XXI.
direkter Reizung mittelst des galvanischen Stroms mehrfach beob-
achtet worden ?'?.
$ 159. In Bezug auf die Verwendbarkeit der Elektrizität zur
Behandlung psychischer Krankheiten sind die wirklichen Erfahrun-
gen bis heute noch zu dürftig, als dass schon jetzt ein endgiltiges
Urteil abgegeben werden könnte. Bei den Erkrankungen, welchen greif-
bare, besonders (chronisch) entzündliche Veränderungen der Hirnhäute
und der Hirnoberfläche zu Grunde liegen, kann man durch zentrale
Galvanisation, wenn die Erkrankung noch nicht zu weit vorgeschritten,
Vorteile erwarten, wie sie in der Tat von Hitzig?!* und Arndt?"
durch die Galvanisation der Hinterhaupt-Nackengegend bei beginnen-
der Dementia paralytica gegen die Sprachstörungen erzielt worden
sind. Arndt liess übrigens die Elektrizität nicht auf den Kopf, son-
dern auf das Rückenmark und die Nerven und zwar in absteigender
Richtung einwirken. Andere, wie Mendel?!#, hatten indess durch-
aus nur negative Resultate zu verzeichnen. Auch 'mag es möglich
sein, bei den sogenannten Reflexpsychosen durch die Einwirkung der
Elektrizität (vorwiegend des galvanischen Stroms) auf etwaige peri-
pherische Krankheitsherde (Schmerz und andere Sensationen unter-
haltende Narben z. B.) auf den Verlauf des Leidens wohltätig
einzuwirken. Weniger ausgesprochen sind die Einwirkungen des gal-
vanischen Stroms auf diejenigen Psychosen, die wenigstens in ihren
Anfangsstadien eher auf abnorme Zirkulationsverhältnisse im Gehirn,
als auf palpable pathologische Veränderungen zurückgeführt werden,
wie die Melancholie oder die Manie. Ganz im Allgemeinen kann man
sagen, dass, insofern Schlaf ein für viele Geisteskranke im höchsten
Grade zu erstrebendes und wohltätiges Beruhigungsmittel ist, die bei
der vorsichtigen Hirngalvanisation in vielen Fällen eintretende Müdig-
keit und Schlafsucht, als höchst zweckmässiges und den Narkoticis
bei weitem vorzuziehendes Mittel in Anwendung zu ziehen ist. Auch
in Bezug auf die Bekämpfung einzelner krankhafter Erscheinungen von
Seiten der Sinnesorgane (Hallucinationen des Gehörs namentlich) hat
sich der konstante Strom und zwar die möglichst nahe Applizirung
des positiven Pols, der Anode, an das erkrankte Organ in den Hän-
den einzelner Psychiater (Fischer?'”, Buch?!®, Jolly?!P) wohltätig
erwiesen. — Länger bekannt schon ist die stimulirende und erregende
Wirkung der Faradisation, besonders der Erregung der Hautnerven
mittelst des faradischen Pinsels bei Depressionszuständen (wie Melan-
cholie, Stupor); hier wäre wohl auch die „allgemeine Faradisation