$ 169, 170. Facialislähmungen. 399
betont werden, weil auch bei in jeder Beziehung als leicht zu erachten-
den peripherischen Lähmungen (freilich nur ausnahmsweise) die Hei-
lung sich verzögern oder auch (in sehr seltenen Fällen) ausbleiben
kann. Stets wird es gut sein, über die etwaige Zeitdauer des Leidens
und seine Heilung nicht eher etwas Bestimmtes auszusagen, als bis
man die Untersuchung mit dem faradischen Strom durch die mit dem
galvanischen ergänzt hat. Wir verweisen in Bezug hierauf auf die oben
(S. 295) ausführlicher geschilderten Mittelformen der Lähmungen,
welche bei fast normalen Untersuchungsergebnissen mit dem Induktions-
strom bei der Exploration mit dem konstanten Strom Entartungs-
reaktion der dem gelähmten Gebiet zugehörigen Muskulatur aufweisen
und welche günstigsten Falles 3—6 Wochen bis zur Heilung (d.i. Wieder-
herstellung der aktiven Beweglichkeit) in Anspruch nehmen. Erweist
sich wenige Tage (4—6) nach dem Eintritt einer peripherischen Läh-
mung die Erregbarkeit für beide Stromesarten bedeutend gegen die
der gesunden Seite vermindert, so sei man in der Angabe, während
welcher Zeit Heilung zu erwarten sei, sehr vorsichtig: es ist dann fast
gewiss, dass die Lähmung in dem oben $. 285 auseinandergesetzten
Sinne eine schwere werden und erst in 3—4 Monaten, bisweilen noch
später zu einer (oft nur relativen) Heilung kommen wird. Je früher
nach dem Eintritt der Lähmung unser prognostisches Urteil gefordert
wird, desto vorsichtiger sei man: innerhalb der ersten 2-3 Tage nach
Kintritt der Lähmung lässt sich Sicheres nicht sagen: die Sicherheit
wächst mit der Zeit des Bestehens der Lähmung: vom 7. bis 8. Tage
wird man nach sorgfältiger elektrodiagnostischer Untersuchung gröbere
Irrtümer kaum mehr begehen.
$ 170. In Bezug auf die Lähmungen der einzelnen peripherischen
Nerven“), deren spezielle Symptomatologie in den Lehrbüchern der
Nervenkrankheiten zu finden, erwähnen wir zuerst als die am häufig-
sten vorkommende die Facialislähmung.
Bei den leichten Lähmungen und den Mittelformen genügt die
Anwendung des faradischen Stroms oder die Reizung der gelähmten
Muskeln mit schwachen (labilen) galvanischen Strömen: die eine Elek-
trode mag: in die Hand des Kranken gegeben werden (Anode) oder in
der Fovea postcondyloidea an der kranken Seite ruhen: als Strom-
stärken benutze man bis zu etwa 5—8 Milliampere.
*) Vgl. in Bezug auf die Auffindung der geeigneten motorischen Punkte ete
Seite 240 u. ff.