——
—
817% Tic convulsif; Accessoriuskrämpfe; Kieferklemme. 405
Krampfzuständen zu Grunde liegenden Störungen ist, als derjenigen,
welche Lähmungen bedingen. Häufig sind wir eben in Folge dieser
Unkenntniss genötigt, sämmtliche Methoden nach einander zu ver-
suchen: aber auch so wird die Geduld des Arztes oft auf eine harte
Probe gestellt: mit seinen Mühen halten gerade auf diesem
Gebiete seine Erfolge nur selten Schritt.
Eine der häufigsten Krampfformen ist der Tie convulsif, der
„mimische @esichtskrampf“ oder Facialiskram pf. Sind Druck-
und Schmerzpunkte aufzufinden, so applizire man dort die Anode eines
konstanten Stroms (die Austrittsstellen der Trigeminusäste am Gesicht,
eventuell Proc. transversi der Halswirbel oder des Gangl. supremum
des N. sympathikus), oder man setze die Anode stabil in die Fossa
mastoidea, oder endlich man versuche die „schwellenden“ (faradischen)
Ströme Frommholds. Nach dem, was uns die neuere Zeit von der
Möglichkeit gelehrt hat, von bestimmten Stellen der Hirnrinde aus
bestimmte Muskelgebiete durch elektrischen oder mechanischen Reiz
in Kontraktion zu versetzen, kann’ man geeigneten Falls den Versuch
machen, durch die galvanische Beeinflussung der Gehirnoberfläche (An-
setzen der Anode auf das der zuckenden Gesichtshälfte gegenüber-
liegende Scheitelbein, Kathode irgend sonst wo applizirt) den Krampf
zum Stillstand zu bringen (Erb, Berger?”°'). Die Erfolge aller
dieser Behandlungsmethoden sind beim Facialiskrampf und nach unseren
Erfahrungen auch bei Spasmen in anderen Nervengebieten nur mässige.
Von den Krampfformen in anderen Nervengebieten schliessen sich,
was die Häufigkeit des Vorkommens betrifft, die Krämpfe im
Accessoriusgebiet den im Facialisbereich auftretenden an. Die
Mm. sternoeleidom. und cucullaris oft noch in Verbindung mit den
tiefer liegenden Nackenmuskeln sind die erkrankten; seltener
begegnet man den meist reflektorisch von den sensiblen Trigeminus-
ästen aus hervorgerufenen Krämpfen im Bereich des Ill. (moto-
rischen) Astes des N. trigeminus. Die Krämpfe der Kiefermuskeln
(mastikatorischer Krampf, Kieferklemme) werden ebenso wie
die der Gesichtsmuskeln, wenn anders sich sogenannte „Druckpunkte“
(auch hier meist im Bereich der übrigen sensiblen Trigeminusäste am
Gesicht und in der Mundhöhle) auffinden lassen, durch den galvanischen
Strom nach den oben angegebenen Methoden behandelt, wie über der-
artige Fälle mit günstigem Ausgang erst neuerdings von Gerhardt?°?
z. B. wieder berichtet worden ist.
Sehr selten finden sich neben diesen eben genannten spastischen
Affektionen isolirte Muskelkrämpfe im Bereiche der oberen