412 Ischias; Coceygodynie, Mastodynie. Kap. XXI.
wendung ziehen: so berichtete noch ganz neuerdings Heinlein°% von
der Heilung einer lange bestehenden sehr schmerzhaften Lumbo-
abdominalneuralgie durch die mehrmalige Applikation eines schwachen
Induktionsstroms in Gestalt der elektrischen Hand.
Neben neuralgischen Zuständen im Gebiet des Trigeminus
sind es wohl vorzüglich diejenigen des Ischiadikusgebiets, vulgo
die Ischias, welche am meisten dem Elektrotherapeuten zur Beob-
achtung kommen. Die Resultate der elektrischen Behandlung vor-
züglich mit dem konstanten Strom sind meist sehr befriedigende. Die
Anode ruht an der unteren Partie der Lendenwirbelsäule oder am
Kreuz (Symphysis sacroiliaca) oder endlich in der Ineisura ischiadica
(zwischen Trochanter major und Tuber ossis ischii), die Kathode meist
peripher, tiefer, an der Hinterseite des Oberschenkels: beide Elek-
troden können nach abwärts längs des ganzen Verlaufs des Nerven-
stammes bis zur Kniekehle hin wandern, indem sie immer in einem
bestimmten, etwa 2—3 Handflächen breiten Abstand von einander,
immer aber auch in der relativen Position des absteigenden Stroms
zu einander bleiben. Sitzungen von 5—8 Minuten täglich oder wenig-
stens 4mal wöchentlich: Anwendung von etwas stärkeren Strömen
(10—20 Milliampere), die Elektrodenplatten von mindestens 1'/, noch
besser 2—3 Zoll Durchmesser.
In hartnäckigen Fällen ist abwechselnd mit dem konstanten
Strom auch ein etwas stärkerer faradischer Strom mit feuchten Elek-
troden oder der elektrische Pinsel zu versuchen: noch energischer auf
den Locus morbi würde die von Benedikt vorgeschlagene Methode
der Einführung einer Elektrode in den Mastdarm und die Applizirung
der anderen auf das Os sacrum wirken.
So gute Erfolge man häufig bei der elektrischen Behandlung der
Ischias erzielt, so sehr lassen dieselben zu wünschen übrig bei der
Behandlung der unter dem Namen der Coceygodynie bekannten
Neuralgie im Bereich der Nervi coccygei. Zwar existiren auch hier
in der Litteratur Fälle, in denen, wie z. B. in dem Seeligmüller-
schen?6®, bei Jahre lang bestehendem Leiden der faradische Strom
Hilfe brachte (es wurde in diesem eine Frau betreffenden Falle eine
Blektrode in den Cervikalkanal des Uterus, die zweite direkt an die
schmerzhafte Stelle gebracht): doch in der Mehrzahl der Fälle lässt
die elektrotherapeutische Behandlung hier ebenso oft im Stich, wie
bei der Kur desjenigen Leidens, welches sich als Brustdrüsenschmerz,
Mastodynie, den Intercostalneuralgien ebenso anreiht, wie die Cocey-
godynie den übrigen neuralgischen Zuständen im Sacralgeflecht.
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