Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
$ 178. Viscerale Neuralgien; Cephalaea. 415 
Neben diesen Gelenkneuralgien gibt es nun verschiedene 
schmerzhafte Zustände, welche von den Kranken in die Tiefe 
verlegt und auf die in den grossen Körperhöhlen eingeschlossenen 
Organe bezogen werden. Diese „visceralen Neuralgien“ im Ge- 
biete des Plexus abdominalis des Sympathikus z. B. können sich 
kund geben durch enorme Schmerzen in der Tiefe des Leibes (die 
verschiedenen Kolikformen, z. B. Bleikolik) und verbunden sein mit 
schmerzhaften Empfindungen im Mastdarm, der Blase, der Harnröhre, 
dem Uterus (Dysmenorrhoe). Neuerdings empfahl Neftel?%+ besonders 
die Galvanisation des „Öentrum genito-spinale und der N. splanchnici“ 
gegen diese Leiden. Man setzt (auch während des heftigsten Schmerz- 
paroxysmus) die Anode eines konstanten Stromes am Rücken in der 
Gegend der Lendenwirbelsäule auf, die Kathode am Unterleib ober- 
halb der Schamgegend, wendet den Strom öfter und führt die Anode 
die ganze Wirbelsäule entlang, während die Kathode von der Mitte 
nach beiden Inguinalgegenden hin verschoben wird. Je nach der 
Reizbarkeit der Individuen werden stärkere oder schwächere Ströme 
eventuell mit Fortlassung der Stromwendungen in Anwendung ge- 
zogen: die Galvanisation wird Monate lang fortgesetzt. Schmerzhafte 
Zustände in der Magengegend, Darm-Koliken ete., sofern sie nicht auf 
schweren Organerkrankungen beruhen, werden mit Vorteil häufig durch 
den konstanten Strom (Anode in der Herzgrube oder in der Nabel- 
gegend, Kathode an den Proc. spin. der untersten Brustwirbel) be- 
handelt (stabile Methode): in anderen Fällen erwiesen sich mittel- 
starke faradische Ströme oder die Anwendung des elektrischen Pinsels 
von Vorteil. Ueber die Behandlung der Angina pectoris (Herznerven- 
neuralgie) siehe weiterhin. 
Auch durch cerebrale Kongestionen entstandene Kopfschmerzen 
hat Neftel durch sein Verfahren geheilt durch Beeinflussung der 
N. splanchniei, wie er glaubt, und die dadurch mittelbar modifizirte 
Blutzirkulation in den Unterleibsgefässen. 
Gerade die Besprechung der „Kopfschmerzen“ (Cephalaea) 
und ihrer Behandlung ganz allgemein mag uns den Uebergang bahnen 
zur Mitteilung derjenigen Verfahrungsweisen, welche die Elektro- 
therapie dem Arzte zur Bekämpfung der unter dem Namen der „vaso- 
motorischen“ Neurosen bekannten Krankheitszustände an die Hand 
gibt. Es wäre eine ganz selbstständige Aufgabe für den ärztlichen 
Schriftsteller, die so mannigfachen Ursachen der „Kopfschmerzen“ 
und ihre ebenso vielfache Therapie monographisch zu behandeln: für 
unsere Zwecke genügt es, festzustellen, dass der Arzt, nachdem er
	        
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