452 Pollutionen, Spermatorrhoe. Kap. XXVI.
Individuen, teils Menschen, welche zu der oben ($ 185) geschilderten
Klasse der Neurastheniker (speziell der Myelastheniker) gehören, teils
Leute, welche in Folge einer gewissen psychischen Anlage oder wegen
einer bis weit in das Mannesalter hinein geübten Enthaltung die Aus-
übung des Beischlafes als etwas für sie Unausführbares ansehen. —
Dass für derartige populär ausgedrückt „nervöse“ Individuen die
psychische Behandlung von Seiten des Arztes oft das Wichtigste
leistet, mehr als eine medikamentöse, hydropathische und elektro-
therapeutische Behandlung, davon haben wir uns in einer jahrelangen
Praxis auf das Bestimmteste überzeugen können. Nicht selten in-
dessen finden sich bei gewissen Individuen auch ganz bestimmte Ano-
malien, die durchaus passend gerade mittelst der Elektrizität zu be-
handeln sind. So trifft man nicht selten eine bedeutende Unempfind-
lichkeit des Penis und seiner Umgebung an, die zweckentsprechend
mittelst des faradischen Pinsels (eine Elektrode am Damm oder in
der Gegend der Lendenwirbel) behandelt wird. Handelt es sich um
eine Ueberreizung, so kann man mittelst des konstanten Stroms
(Anode, breite Platte in der Gegend der Lendenwirbel, Kathode am
Damm) die abnorme Krregbarkeit dieses Centrum genitospinale zu
beeinflussen versuchen; der faradische Strom am Damm vermag der
etwaigen Erschlaffung der Mm. ischio- und bulbocavernosi entgegen
zu arbeiten.
Pollutionen und Spermatorrhoe werden vorwiegend durch
galvanische Beeinflussung des Rückenmarks und speziell seines Lenden-
teils behandelt, wovon unter Anderen Neumann??° ausgezeichnete
Erfolge mitgeteilt hat. Nach Möbius?®! erzielt man bei der Sperma-
torrhoe nervöser, organisch nicht kranker Individuen gute Erfolge
durch folgende Behandlungsmethode: Eine Mastdarmelektrode wird
5—6 Ctm. hoch in das Rektum eingeführt, die andere bleibt am
Damm. Nach Applikation eines mässig starken, an- und abschwellen-
den faradischen Stromes lässt man die Galvanisation in der Weise
folgen, dass die Kathode im Rektum bleibt, während die Anode stabil
auf die „Lendenwirbelsäule gesetzt wird. Dauer der ganzen Sitzung
3—5 Minuten.
Nicht oft genug kann den eigentümlich hochgespannten Erwar-
tungen der mit den elektrotherapeutischen Prozeduren nicht ganz ver-
trauten Kollegen gegenüber wiederholt werden, dass in gar manchen
Fällen all’ unser Mühen hier ganz ebenso oft wie in der übrigen
Praxis ohne Erfolg bleibt: den auch von durchaus kompetenter Seite
veröffentlichten Erfolgen in einzelnen Fällen stehen die eben nicht
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