$ 201, 202. Blektrizität in der Geburtshilfe. 455
$ 201. Weder in diesen Fragen, noch in den hier anhangsweise
zu berührenden von der Anwendung der Elektrizität in der
Geburtshilfe stehen uns irgendwie äusreichende eigene Erfahrungen
zu Gebote. Drei Dinge vornehmlich sind es, die man auf diesem
Gebiete durch elektrotherapeutische Prozeduren zu erreichen anstrebt:
1) Anregung der etwa erschlaffenden Wehentätigkeit durch (meist
perkutane) Faradisation des Uterus (beide Elektroden auf dem Unter-
leib, bezw. die eine in der Lendengegend); 2) kräftige Kontraktionen
der Gebärmutter bei Erschlaffungen des von der Frucht befreiten
Organs (bei auf Atonie der Üteruswandungen beruhenden Blutungen);
3) die Einleitung einer künstlichen Frühgeburt. Gerade um letzteren
Zweck zu erreichen, besitzen die Geburtshelfer heute wohl sicherere
Methoden, als die Applikation der Elektrizität; in Bezug auf die An-
regungen von Uteruskontraktionen bei Wehenschwäche oder atonischen
Zuständen nach der Geburt scheinen die Meinungen der verschiedenen
Autoren noch so geteilt, dass diesen Prozeduren neben den Lobrednern
ebenso viele Tadler erwachsen sind. Zu den letzteren gehört z. B.
Simpson?®'!, während Mackenzie?% und Dempsey’" bei Wehen-
schwäche und Metrorrhagie glänzende Erfolge erzielt haben.
In Bezug auf die Anwendung der Elektropunktur zur Entfernung
schwer zugänglicher Uterusneubildungen oder den Gebrauch des einen
oder anderen Pols, um geschwürige Flächen am Gebärmutterhalse oder
innen im Uteruskanal zu ätzen, verweisen wir auf die kurzen Bemer-
kungen in Teil I. S. 192. Besondere Erfahrungen auf diesem Gebiete
stehen uns nicht zur Verfügung.
In aller Kürze sei hier noch der neuerdings von Apostoli?®!
serühmten Methode gedacht, als prophylaktisches Mittel (zur Ver-
bütung von Metritiden und Anschoppungen des Uterus) unmittelbar
nach einer gleichviel ob rechtzeitig oder nicht beendeten Entbindung
den faradischen Strom anzuwenden. Nach einer normalen Entbindung
applizirt Apostoli den Strom 8-10 Mal in 6 Tagen; nach einer
schwierigen Entbindung oder nach einem Abort 15 —20 Mal während
10—15 Tagen. Die Methode sei durchaus gefahrlos und die Erfolge
ausgezeichnet.
$ 202. Anhangsweise mögen hier noch die elektrotherapeutischen
Bestrebungen Erwähnung finden, die von einigen Seiten (namentlich
von französischen Autoren wie Becquerel3%, Aubert?®%) zur Be-
lebung versiegender Milchsekretion bei Säugenden gemacht
worden sind. Nach Anwendung eines mässig starken faradischen