462 Physiologische Wirkungen d. Spannungsströme. Kap. XXVII.
Geschmacksempfindung vorn an der Zunge erzeugte, die beim Bewegen
der Elektrode zunahm. Gleichzeitig traten die Papillenspitzen stark
hervor und die Sekretion der Zungenspitze wurde reichlicher. Selbst
starke Ströme bewirkten keine Geruchs- oder Gehörsempfindungen, und
erst bei etwas stärkeren Strömen sah man Lichtblitze, die bei schneller
Rotation der Scheibe in ein zusammenhängendes bläulich-weisses Licht
übergingen. Besonders studirt wurden von Schwanda die Einwir-
kungen der Spannungsströme auf die Haut (deren Muskeln und Ge-
fässe); direkt auf die Muskeln gerichtet bewirkten schwächere Ströme
klonische Zuckungen, starke Tetanus der Muskeln. Die Stärke der
Ströme ist abhängig von der Zahl der Umdrehungen der rotirenden
Scheibe und von der Grösse der in den Schliessungsbogen eingeschalteten
Luftstrecke bis zu einem nach der Grösse der Maschine variirenden
Maximum hin. Im Gegensatz zu faradischen und galvanischen Strömen
gehen die Spannungsströme durch Epidermis und Kleider: auch genügt
zur Hervorbringung der beschriebenen Effekte nur ein Pol, während
der andere auf die Erde abgeleitet sein kann. Fieber’? selbst wider-
rät die Anwendung von Influenzströmen bei cerebralen Lähmungen,
bei Tabes und den meisten anderen spinalen Paralysen. Die schnell-
sten und besten Erfolge beobachtete er bei Bleilähmungen, bisweilen
auch bei rheumatischen und traumatischen Paralysen. Die einfache
kutane Anästhesie wurde noch durch Influenzströme erfolgreich be-
handelt, wenn Induktions- und galvanische Ströme sich ganz wirkungs-
los zeigten. Auch bei Neuralgien, besonders bei Hysterischen, sah er
öfter recht günstige Wirkungen.
$ 206. Von verschiedenen Seiten ist man in neuester Zeit diesen
Bestrebungen wieder näher getreten, so in Deutschland durch die
Frankfurter Aerzte Clemens?®, Stein !*, in Frankreich durch die
Aerzte der Salpetriere, in welcher unter Charcot’s Auspizien von
R. Vigouroux®®® und Ballet?°' Versuche namentlich bei Hysterischen
mit ziemlich günstigem Erfolge angestellt worden sind. Ganz neuer-
dings ist dann noch von Paul Vigouroux?®® (der sich in seiner
Arbeit wiederholt auf die Resultate von Arthuis beruft, die dieser
Schriftsteller in seinem Buche: Traitement des maladies nerveuses et
des affections rhumatismales par Y’electrieits statique [Paris 1877]
niedergelegt hat) eine ausführlichere Brochüre über denselben Gegen-
stand erschienen, während vereinzelte Aufsätze einiger deutscher und
amerikanischer Autoren von dem wiedererwachenden Interesse der
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