Full text: Kepler. Galilei

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wert dünkt uns auch noch der Umstand, daß der geniale Mann, 
obwohl sonder Zweifel innerlich von der Hohlheit dieser Aster- 
wissenschaft durchdrungen, trotzdem nicht allein über Astrologie 
las, sondern auch gern seinen Zuhörern ans Verlangen das 
Horoskop stellte, was ihm jedesmal 60 Lire eintrugt). Der 
Spruch ..non ölet“ diente eben von jeher nicht nur römischen 
Kaisern zur Direktive. Doch darf nicht verkannt werden, daß 
überhaupt noch die meisten großen Geister jener Übergangszeit 
— man denke nur an Melanchthon und Kepler (s. o.) 
in dem Banne befangen waren, es müsse doch ein gesunder 
Kern in der Sterndeuterei stecken. Galilei war keineswegs 
der Feind der „Ars genethliaca“, als welchen ihn Viviani 
hinstellt; er korrespondierte mit dein Berussastrologen Brenzoni 
wie ein Fachmann mit bem anderen; er berechnete endlich nach 
den „prutenischen Tafeln" das „klimakterische" Jahr des er 
krankten Großhcrzoges Ferdinands l. und stellte dessen Nach 
folger Cosimo II. die Nativität. Wie weit er selbst noch an 
der alten Sitte festhielt, wie weit er dem Zeitgeschmäcke Kon 
zessionen machen zu müssen vermeinte, das vermag die Ge 
schichtschreibung von heute nicht mehr zu entscheiden. 
In vollster und anregendster Thätigkeit begriffen, von 
lernbegierigen Freunden und Schülern umgeben, dabei in steter 
Beziehung zu dem lebhaften, noch immer an der Spitze des 
Welthandels thronenden Venedig stehend^), gewöhnte sich Galilei 
in seinen neuen Verhältnissen und in Padua selbst gar bald 
so völlig ein 41 ), daß er auch nicht einmal mehr von dem 
Heimweh geplagt wurde, welches jeden in einen anderen Teil 
Italiens verschlagenen Toscaner so leicht besällt. Er selbst 
erklärte nochmals, daß die nahezu achtzehn Jahre, welche ihm 
in Padua zu leben und zu lehren vergönnt war, seine schönste 
und glücklichste Zeit gewesen seien. Und wenn auch diejenigen 
seiner Arbeiten, welche seinem Namen zur Unsterblichkeit ver 
helfen sollten, äußerlich aus etwas späterer Zeit sich herschreiben, 
so weiß man doch, daß die Keime dazu dem ersten Jahrzehnt
	        
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