Full text: Kepler. Galilei

II. 
Graz. 
Man kann nicht behaupten, daß die mathematische Lehr 
tätigkeit am Grazer Gymnasium einen so lebhaften Geist, wie 
es derjenige des jungen Kepler war, ausreichend zu beschäftigen 
oder gar zu absorbieren geeignet gewesen wäre. Wie so häufig 
an Mittelschulen jener Zeit, war auch an der erwähnten An 
stalt die Biathematik kein obligatorischer Lehrgegenstand, sondern 
es scheint mit demselben ganz ähnlich, wie an einer Hochschule, 
gehalten worden zu sein, d. h. ein Lehrer war bestellt und 
bot Vorlesungen an, aber diese hatten für die jungen Edelleute, 
aus denen sich das Schülerpersonal in der Hauptsache rekru 
tierte, keine besondere Anziehungskraft, und die Scholarchen 
mußten selbst anerkennen, daß „Mathematicum Studium nicht 
Jedermanns thuen" sei. Um aber doch dem Lehrer dieses 
wenigst beliebten Faches eine Beschäftigung zu geben, über 
trug man ihm sechs Stunden Virgilius und Rhetorik in den 
höheren Klassen. Kepler scheint sich der Lehrpflicht, auch wo 
sie ihn vielleicht nicht so recht annmtete, mit Eifer hingegeben 
und der Schulleitung einen sehr gnten Eindruck gemacht zu 
haben, denn ziemlich rasch wurde ihm eine Gehaltsmehrung 
zu teil, so daß er sich nunmehr auf 150 Gulden — eine recht 
ansehnliche Besoldung für einen jungen Gelehrten — stand. 
Allerdings trug dazu, daß man seine Dienste so gut lohnte, 
noch ein weiterer Umstand bei, der nämlich, daß Kepler auch 
als Kalendermacher sich die Zufriedenheit der sürsichtigen und 
wohlweisen Herren, in deren Händen wesentlich das Regiment
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.