Full text: Kepler. Galilei

des Kronlandes Steiermark lag, zu erwerben gewußt hatte. 
Wir deuteten oben bereits darauf hin, daß Kepler ebenso, 
wie seine beiden Vorgänger Lanterbach und Stadius^'), nicht 
blos als Lehrer, sondern auch als Mathematiker der „Land 
schaft", d. h. der verbundenen Adeligen und Städte des Erz 
herzogtums angestellt war. Als solchem siel ihn: die Ausgabe 
zu, alljährlich einen Kalender anzufertigen, und schon im 
Sommer 1594 mußte er seine erste Probe als Kalendermacher 
ablegen^). Ein solcher mußte sich zunächst auf die Astronomie 
verstehen, denn alle Himmelsbegebenheiten des kommenden 
Jahres wollten vorausberechnet und richtigen Ortes einge 
tragen sein, aber damit war vor dreihundert Jahren die Sache 
noch nicht zu Ende. Vielmehr verlangte man von dem Ka 
lender auch Auskunft über Vorgänge ans der Erde; der Ver 
fertiger des Kalenders mußte zugleich ein Prophet sein, und 
dazu verhaft ihm die Astrologie. Nun wissen wir, daß Kepler 
— ganz ebenso, wie wir dies von Galilei erfahren werden — 
mit der Sterndeuterei Bescheid wußte, und wir können hinzu 
setzen, daß er, so skeptisch er gelegentlich auch darüber dachte, 
doch niemals endgiltig mit ihr gebrochen hat. In der Zu 
schrift, mit welcher er dem Landeshauptmann und den anderen 
Mitgliedern des Regimentes sein Erstlingswerk übergiebt, spricht 
er aber äußerst bescheiden von dem Können eines Astrologen. 
Und als es galt, ein Prognostikon zu stellen, verließ er sich 
mehr ans seinen gesunden Menschenverstand und eine klare 
Einsicht in die politischen Verhältnisse; Bauernunruhen in 
Oberösterreich und kriegerische Verwicklungen mit dem Türken 
erschienen ihm gleich wahrscheinlich, und ans beides bereitete 
er folgerichtig seine Kalendergläubigen vor. Beides traf glück 
lich ein. und so stand denn von vornherein das Ansehen des 
Landschaftsmathematikers als ein wohlbegründetes da. Auch 
die Tübinger Freunde, denen Exemplare zugesandt worden 
loaren, nahmen den Kalender günstig ans, und nur das eine 
hatte Maestlin, selbst ein streitbarer Kämpe für den julianischen
	        
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