darstellten, gegenüber der vervollkommneten Beobachtungskunst
eines Tycho Brahe und eines Landgrafen Wilhelm von
Hessen jedoch sich nicht mehr in Übereinstimmung mit dem
Himmel zu erhalten vermocht hatten. Keplers Tafeln, welchen
eine den Übergang non einem Meridian zum anderen er
leichternde Karte, ein Werk des Nürnberger Künstlers Ecke
brecht 228 ), und ein 1000 Positionen umfassendes Fixsternver
zeichnis beigegeben waren, blieben ein Jahrhundert lang der
Ratgeber der praktischen Astronomen, und es konnten weder
diejenigen der gelehrten Maria Cnnitz (1664) noch diejenigen
des Niederländers Lansberg (1682), obwohl diese in
Einzelheiten Vorzüge vor Keplers Werk in Anspruch nehmen
durften, das letztere verdrängen. Erst die an den Namen
Newton sich knüpfende Umwälzung machte auch auf diesen:
Gebiete ein Hinausgehen über die Ulmer Tafeln notwendig,
die dadurch noch großartiger erscheinen, daß sie, wenn man
von der mechanischen Rechnnngsbeihilfe der Assistenten -
Gringallet, Odontins, Bartsch — absieht, ganz und gar aus
Keplers Hand hervorgegangen sind und gewissermaßen als
die Quintessenz vierzigjähriger Forscherarbeit zu gelten haben.
Der große Mann, welcher zum Abschluß brachte, was
Copernicus begonnen, Kepler für jenen Abschluß vorbereitet
hatte, hinterließ uns eine in kurze Worte gefaßte Charakteristik
seines Vorgängers. Derselbe vereinigte in sich alle Züge
und Vorzüge eines Geisteshelden, und er war, was am
höchsten zu schätzen, „frei in: Geiste." Die Gabe, sich von
Erdensorgen und Erdenhändeln heraus frei in den Äther einer
auf die edelsten Ziele gerichteten wissenschaftlichen Spekulation
zu erheben, diese herrliche Gabe war nicht leicht einem Sterb
lichen in dem Grade zugemessen, wie Johannes Kepler. Und
darum war ihm auch das höchste beschieden, was den: Men-
schen zuteil werden kann: er durfte den Schleier wegziehen
von den Wundern des Universums und die Gesetze enthüllen,
nach welchen eine ewige Vorsehung den Weltbau eingerichtet hat.