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folglich etwas falsches, unwirkliches, nichtiges, ein n o Il
sen s wäre. Mehr noch, nichts könnte vor der Wahrheit
vorausgesetzt werden, das nicht zugleich vor und über
die Wahrheit zu setzen wäre, und wahr könnte eine
solche Wesenheit doch nur sein durch die Wahrheit.
mit anderen Worten den Menschen nicht als äusserliches Geschöpf,
sondern als „Kind“ Gottes bezeichnet, als anzunehmen, das ganze Wesen
des Menschen nehme seinen Anfang innerhalb der Zeit, sei äusserliches
Machwerk der Allmacht und gleichwol sei dieses sich selber und der
Gottheit fremde Machwerk aus Nichts begabt mit freier Wahlverant
wortlichkeit und Selbstbetimmbarkeit. Nur die erstere, mystische Auf
fassung lässt dem Gott, w r as Gottes ist, und dem Menschen, was des
Menschen ist. Gott als der allumfassende Unendliche schliesst ihr zufolge
die Wahlfreiheit in dem zeitlich bedingten, uns freilich wegen seiner
Anschaulichkeit wertvoller erscheinenden, in Wahrheit aber niedrigerem
Verstände, von sich aus, setzt aber mit der Wahlfreiheit jeder einzelnen
seiner endlichen Monaden für diese freilich auch die Möglichkeit der
Sünde und des Übels als eines endlich begrenzten Zustandes.
„Der Freiheit entzückende Erscheinung nicht zu stören,
Lässt er der Übel grauenvolles Heer
In seinem Weltall lieber toben,
— Ihn, den Künstler wird man nicht gewahr, bescheiden
Verhüllt er sich in ewige Gesetze.“ (Schiller.)
Die vollendete Unendlichkeit, die Einheit aller Monaden-
diese nur begrifflich erschliessbare, wenn auch unanschauliche und insofern
mystische Konzeption hat an diesem Übel keinen weiteren Anteil, als
etwa ein Kunstwerk, in welchem »auch an und für sich Unschönes als
überwundenes Entwdcklungsmoment zur Ermöglichung desto grösserer
Gesamtschönheit erweitert ist. Für diese, die Gottheit, ist Freiheit
und Notwendigkeit identisch. Vergl. Schiller, über esthetische
Erziehung des Menschen, 11, 19, 20. Brief.
Die Vorwürfe Hartung’s scheinen mir auf einer Verwechselung der
brunonischen Ideen mit spinozistischen zu beruhen; Spinoza kopiert
nämlich von Bruno nur die pantheistische, nicht die den Pantheismus
ergänzende und erst eine inhaltvolle und lebendige Weltanschauung ermög
lichende individualistische und monistische Seite, und innerhalb der somit
unendlich „kahleren“ Weltanschauung Spinoza’s ist natürlich kein Raum
für die menschliche Willensfreiheit, also auch nicht, worauf hinzudeuten
ich noch mehrfach Veranlassung haben werde, für eine edlere Ethik.
Nach Spinoza ist jeder menschliche Willensakt nur ein notwendiger
Moment in der abschnurrenden Spindel des allgemeinen Natur-Kausal
zusammenhangs , der Mensch selbst ist für Spinoza nur Modus, nicht
Substanz, scheint nur zu sein, ist aber nicht. So bringt denn auch
Spinoza eine Ethik zu Stande, welche von Dühring a. a. 0. p. 79 mit
vollem Recht als „schlechte Judenmoral“ gebrandmarkt wird. Beweis:
Spinoza’s Ethik, IV, S. 50, S. 25, S. 24. S. 20: „Je mehr Jemand seinen
Nutzen zu suchen, d. h. sein Sein zu erhalten strebt und vermag,
mit desto grösserer Tugend (!) ist erbegabt.“ Unbegreiflich ist es mir,
wie Hartung a. a. 0. p. 35 von diesem halbseitigen Eklektiker Bruno’s
sagen mag. dass derselbe in höherem Grade als Bruno die „Demut“
und „sittliche Würde“ des Philosophen bethätigt haben.