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Vorrede des Übersetzers.
„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer
und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und
anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der
bestirnte Himmel über uns und dasmoralische
Gesetz in uns.“ Kant, Schluss der Kritik der prak
tischen Vernunft.
(v. Kirchmann’s Ausgabe S 194.)
Diese zwei Dinge, welche das Gemüt und nicht minder
den Verstand des Verfassers einer „Allgemeinen Naturgeschichte
und Theorie des Himmels“ und der „Kritik der reinen Vernunft“
in Anspruch nahmen, haben auch das geniale, wenngleich
vielleicht weniger kritische Fühlen und Denken des grössten
aller Philosophen der Renaissance, des am 17. Februar 1600
auf dem Campo dei Fiori zu Rom als Märtyrer der Geistesfreiheit
im Namen des sog. „heiligen Amtes“ der Inquisition verbrannten
Nolaners Giordano Bruno l ) beherrscht. Das ist freilich an sich
nichts Absonderliches. Denn alle Philosophie und alle Moral,
ja die Religionen selbst, haben ihren Anfang genommen von
der Betrachtung des Sternenhimmels, und insofern bezeichnet
schon ein alter Dichter mit Recht die denkende Betrachtung
des gestirnten Himmels als das wesentlichste Kennzeichen der
Menschlichkeit.
') Heber das Leben und die Weltanschauung Bruno’s vergl. Brunn
hofer, Giordano Bruno’s Weltanschauung und Verhängnis, Leipzig (Fues’s
Verlag) 1882. M. Car riere, die philosophische Weltanschauung der Refor-
rnationszeit, p. 365 ff. und des Übersetzers ..Giordano Bruno, sein Leben
und seine Weltanschauung.“ Vorträge gehalten in der Psychologischen
Gesellschaft zu München 1888 : wiederabgedruckt im Anhang dieses Buches.