anstatt meiner zu gedenken, andere Götter und Göttinnen
bevorzugen mochtest, die mir von rechtswegen nach
stehen müssen; so ist es denn wol nötig, dass ich von
seihst komme und mich melde und gegen solche Zurück
setzung und solches Unrecht, das ihr mir thut, Ein
spruch erhebe.“
Und Zeus antwortete: „Sprich für Deine Sache,
Göttin des Reichtums, denn ich meine nicht nur Dir kein
Unrecht dadurch gethan zu haben, dass ich Dir keinen von
thun hat; dennoch sind sie mittelbar für dieselbe von höchster Bedeutung
und ist deshalb ihre eingehende Berücksichtigung in diesen Dialogen, die
sich in der Vorrede als Präludien oder Prolegomena zu einer Ethik
bezeichnen, keine überflüssige Abschweifung. Die Bedeutung der ökono
mischen Machtfrage für die Ethik verzweigt sich nach den verschiedensten
Gesichtspunkten, und man könnte allein darüber ein umfangreiches Werk
schreiben, welches weit fruchtbarer an Gedanken und Folgerungen sein
würde, als die meisten sog. Lehrbücher der Ethik nach dem Muster der
Schulphilosophie. Im Vordergründe steht natürlich die Frage, ob der
Reichtum oder ob umgekehrt die Armut als ein vom ethischen Stand
punkt aus erstrebenswerter Zustand zu bezeichnen ist. Bruno erklärt
augenscheinlich diese Frage für indifferent und Reichtum und Armut für
ethische „adiaphora“, obwol er am Schluss eine nicht undeutliche Hin
neigung zu jenem harten Spruche Christus beweist, wonach „die Reichen
schwerlich in das Himmelreich kommen.“ Denn er lässt äusseren Reichtum
zumeist sich mit innerlicher Armut und umgekehrt Armut an niederem
Gut mit Reichtum an inneren geistigen Werten verbunden sein. Der
Grund ist nicht in der ethisch gleichgiltigen Thatsache zu linden, dass
Reichtum den Versuchungen der Laster mehr ausgesetzt wäre; auch
Armut hat ihre spezifischen Versuchungen (Neid, Diebstahl u. s. w.), und
am Ende dürften Reichtum und Armut sich weniger durch grössere oder
geringere Disposition zum Schlechten an sich unterscheiden, als vielmehr
nur durch die zufälligen Richtungen, die sie der Bethätigung einer bösen
Gemütsanlage erteilen. Auch wäre ja selbst eine durch Armut gesicherte
Freiheit von mancherlei Versuchnngen kein ethisches Verdienst, vielmehr
müsste dann, weil Tugendhaftigkeit sich wie jede andere Kraft nur nach
dem Widerstand messen lässt, den sie zu überwinden vermag, gerade
der Reichtum als günstigere Position für ihre Bethätigung vorzuziehen
sein. Der Grund liegt vielmehr allein darin, dass der Natur der Sache
nach Reichtum sich der Regel nach nur bei demjenigen anhäuft und
dauernd erhält, der auf seinen Besitz grossen Wert legt, indess der weise
und tugendhafte Mensch die Erstrebung und Behauptung rein phäno
menaler Werte gering schätzt und über besseren Zeiten aus dem Auge
verliert, vor allem auch die teilweise so krummen und schiefen Wege
verabscheut, auf denen der Reichtum in dieser Welt meistenteils nur zu
ergattern ist. In diesem Sinne einer blossen praesumptio facti und nicht
in demjenigen, in welchem die Ebioniten und einzelne christliche Orden
es aufgefasst haben, dürfte auch Christus jenes harte Wort gesprochen
haben. Bruno ist offenbar weit davon entfernt, die Lehren der Cyniker
zu billigen, wenn er auch deren Grundsatz an einer Stelle fast wörtlich
wiedergiebt.