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Augen sehet, Euch dem einen mehr, dem andern weniger
zuteilt, Euch dem einen ganz, dem andern gar nicht
hingeht, Ihr seid verantwortlich dafür, dass dieser so
vollständig als Schurke oder Dummkopf übrig bleibt.
Wenn also die Ungerechtigkeit nicht darin besteht, einen
zum König zu machen oder einen reich werden zu lassen,
sondern darin, ein boshaftes oder dummes Subjekt dazu
zu bestimmen, so bin nicht ich ungerecht, sondern Ihr
seid es. Ihr werdet also einsehen, dass das Fatum mich
sehr gerecht gemacht hat und mich gar nicht hat un
gerecht machen können, da es mich ohne Augen machte,
damit ich im Stande sei, alle gleichmässig behandeln
zu können.“
Hierauf erwiderte Momus: „Ich möchte Dich auch
nicht ungerecht nennen Deiner Augen wegen, sondern
wegen Deiner Hand.“ Ihm antwortete jene: „Meine
Hand darfst Du noch weniger beschuldigen, o Momus;
denn sie ist nicht schuld an dem Bösen, weil sie zugreift,
wie sie kommen, sondern jene sind es, welche kommen,
wie sie zugreift. Ich will damit sagen, dass sie nicht
so ohne Unterschied kommen, wie ich sie ohne Unter
schied nehme. Nicht ich bin die Ursache des Bösen,
wenn ich sie nehme, wie sie sich mir bieten, sondern
jene sind es, die sich mir so bieten, wie sie sind, und
die anderen sind es, welche sie so sein lassen. Nicht iph
bin verkehrt, weil ich blind die Hand jedem reiche, der
sich mir vorstellt, sei er hell oder dunkel, sondern wer
sie so macht und sie so lässt und sie mir so zuschickt,
der ist verkehrt.“
Momus warf ein: „Aber, wenn alle ohne Unterschied
wären, ganz gleich und ähnlich, so würdest Du dann
doch zweifellos ungerecht sein; denn wenn sie alle gleich
würdig wären des Königtums, so würdest Du sie doch
nicht alle zu Königen machen können, sondern nur einen
von ihnen!“
Da lachte Fortuna und sprach: „Wir reden von
dem, o Momus, was ungerecht ist, und nicht von dem,
was ungerecht sein würde. Und sicherlich beweist Du