Full text: Reformation des Himmels

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neun kleine Dosen, welche verschiedene Augensalben 
enthalten, die zubereitet sind, um den menschlichen 
Geist zu reinigen, sowol hinsichtlich des Erkenntnis 
vermögens als auch hinsichtlich der Willensrichtung. Und 
drei davon gab er den drei ersten Musen (Arithmetik,. 
Geometrie, Musik) mit den Worten: .,Dies ist die beste 
Salbe, um das Empfindungsvermögen für Zahl, Grösse 
und harmonische Proportion der wahrnehmbaren Dinge 
zu reinigen und zu läutern.“ Eine gab er der vierten 
(Logik) und sagte: „Dies wird Dir dienlich sein, um 
die Erfindungs- und Urteilskraft zu regulieren“. „Nimm 
dieses,“ sagte er zur fünften (Poesie), „es ist geeignet, 
durch Erregung einer gewissen melancholischen Empfindung 
zur Seherschaft und zu einem entzückenden Wahnsinn 
anzuregen.“ Dann gab er auch der sechsten (Astrologie) 
ihre Dose und unterwies sie, wie sie mit derselben den 
Sterblichen die Augen öffnen könne für die Betrachtung 
der urbildlichen und himmlischen Dinge. Die siebente 
(Physik) erhielt diejenige, mit der die Fähigkeit ver 
nünftiger Naturanschauung gesteigert werden kann. Die 
achte (Metaphysik) erhielt eine andere nicht weniger 
vorzügliche Salbe, welche den Intellekt befähigt, die über 
natürlichen Kräfte, welche ihren Einfluss in der Natur 
geltend machen und in gewisser Weise von derselben 
unabhängig sind, zu begreifen. Die letzte, grösste und 
kostbarste legte er in die Hand der Ethik, der jüngsten 
Tochter Mnemosyne ? s, die, um soviel jünger sie auch ist 
als ihre acht anderen Schwestern, doch um soviel er 
habener ist als sie alle zusammen, 1 ) und er sprach: „Sieh’ *) 
*) Die neun Musen, welche das Altertum zählte, sind bekanntlich : 
Calliope (epische Dichtung), Clio (Geschichte), Melpomene (tragische und 
lyrische Dichtkunst), Thalia (komische Dichtkunst), Euterpe (Tonkunst). 
Erato (erotische Poesie und Mimik), Urania (Astronomie), Polyhymnia 
(Gesang), Terpsichore (Tanzkunst). Statt derselben nennt Bruno zunächst 
im Anschluss an die sog. sieben freien Künste des Mittelalters: Musica 
(canit), Arithmetica (numerai), Geometria (ponderai), Astronomia (colit 
astra), Grammatica (loquitur), Dialectica (verba docet), Rhetorica (verba 
colorat) von diesen die drei ersteren, des sog. trivium der Scholastiker, 
statt des sog. quadriviums giebt er uns eine mehr der modernen Einteilung 
entsprechende Sechszahl: Logik, Poesie, Astrologie, Physik, Metaphysik,
	        
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