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es plante. Er trug sich mit dem grossartigen Gedanken
einer systematischen Ethik, etwa einem System, nicht einer
blossen Kritik der praktischen Vernunft. Dieses System
sollte seine Werke krönen. War ihm, der mit Unrecht bloss
für einen Naturphilosophen geachtet wird, doch die Etilica
die liebste unter den Töchtern der Muse!
Das vorliegende Werk aber sollte das Präludium, das
dichterische Vorspiel einer solchen philosophischen Ethik sein.
Denn Bruno war in erster Linie Dichter, und erst in zweiter
Philosoph, die poetische Intuition eilte seiner philosophischen
Besonnenheit voraus. So entledigte er sich zunächst des über
schwenglichen Gefühls von der erforderlich gewordenen Um
wälzung der sittlichen Weltanschauung in einem philosophisch
allegorischen Gedichte und dieses Gedicht heisst „Der
Spaccio della bestia trionfante , die Vertreibung der triumphie
renden Bestie 11 . Das vorliegende Werk will daher mit anderem
als bloss philosophisch verstandesmässigem Sinne gelesen
werden.
Berti, vita di Giordano Bruno, sagt von ihm mit Recht :
„Die philosophische Literatur Italiens, und fast möchte ich
sagen, der Welt, hat keine Schöpfung aufzuweisen, die phan
tasievoller, ideenreicher, unerschöpflicher an Anspielungen und
Allegorien aller Art, eigenartiger und seltsamer wäre, als dieses
Buch. Es ist ein Ariostisches Gedicht in Prosa, eine philo
sophische Romanze, darinnen die Namen Roland, Rinald, An
gelica, Erminia vertreten werden durch Zeus, Mars, Venus und
Juno, es ist zugleich die machtvollste Satire und packendste
Komödie mit künstlerisch geordnetem, lebendigem, abwechs
lungsvollem prickelndem Dialog.“
Dadurch wird seinem philosophischen Werte nichts ab
gesprochen. Denn mit Recht schreibt auch Brunnhofer, Gior
dano Bruno p. 49 „An spekulativem Gehalt und an
I d e e n f ü 11 e überragt dieses Werk alle anderen
Schriften Bruno’s um Haupteslänge.“